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Veröffentlicht am 26­.09.2007

26.9.2007 - OÖNachrichten

Bischofskonferenz muss über Sexskandal beraten

FULDA. Die deutsche Bischofskonferenz muss sich mit unangenehmen und brisanten Problemen beschäftigen: Kindesmissbrauch durch Priester und die umstrittene Wiedereinführung des alten lateinischen, tridentinischen Ritus bei Messen.

Es war der alte, kranke Papst Johannes Paul II., der dem Spuk ein Ende bereiten wollte. „Null Toleranz“ lautete sein Rezept gegen pädophile Priester. Das Thema des sexuellen Missbrauchs sollte ans Tageslicht, die Schuldigen bestraft und den Opfern geholfen werden.

Trotzdem müssen sich die 71 deutschen katholischen Bischöfe bei ihrer gestern begonnenen Jahrestagung in Fulda wieder mit dem Thema befassen. Und der „Fall“ ist außerdem besonders empörend, ja er wirkt wie eine Verhöhnung der harten „römischen Linie“. Schauplatz: Der bayerischen Ort Riekofen. Ein 39-jähriger Geistlicher soll sich jahrelang an einem Ministranten vergangen haben, obwohl er bereits Jahre zuvor wegen sexuellen Kindsmissbrauchs zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war. Selbst nach der Verhaftung des Priesters fand der Regensburger Diözesanbischof Gerhard Ludwig Müller kein Wort der Selbstkritik oder gar der Reue über seine verheerende Personalentscheidung: „Die Verantwortung trägt der Täter“, sagte Müller und berief sich auf das Gutachten eines Therapeuten, demzufolge ein Rückfall des Priesters ausgeschlossen sei.

Die Linie der „Null Toleranz“ ist das nicht. Mit einer „Mahnwache“ vor dem Dom von Fulda hat die hierarchiekritische Gruppierung „Wir sind Kirche“ gegen den Umgang von Bischöfen mit Fällen sexuellen Missbrauchs demonstriert: „Sie kehren die Probleme unter den Teppich, aber auch ein dicker Teppich wird zur Stolperfalle.“

Zwar äußert sich der Vatikan nicht offiziell zu dem neuen Fall, doch intern schütteln Theologen in Rom nur den Kopf. Einer sagt: „Der Bischof muss sein Verhalten jetzt vor seinen Mitbrüdern im Amt rechtfertigen. Manche Bischöfe sind wohl überfordert.“

Immer wieder kommen sexuelle Übergriffe von Priestern ans Tageslicht. Einmal sind es Pfarrer, die sich im Zeltlager an Buben heranmachen, ein anderes Mal suchen sie ihre Opfer unter Ministranten oder unter Seminaristen. Eine Welle von Skandalen in den USA hatte einige Diözesen aufgrund von Entschädigungen in zweistelliger Milliardenhöhe an den Rand des Ruins gebracht und das Vertrauen nachhaltig zerstört.

Angesichts eines Skandals in Irland im Vorjahr ergab eine Studie, dass drei Prozent der irischen Priester in den vergangenen Jahrzehnten sexuellen Missbrauch begangen hätten. Psychologen und Kirchenkritiker glauben, durch das Sex- und Eheverbot würden Priester mit „zweifelhaften“ sexuellen Neigungen geradezu angezogen.

Die „alte“ Messe kehrt wieder

Zweites Hauptthema der Bischofskonferenz: die von Papst Benedikt XVI. angeordnete Wiederzulassung des vorkonziliaren (lateinischen) Messritus. Die Bischöfe werden für diese Messfeiern „Leitlinien“ beschließen. Dazu die Gruppe „Wir sind Kirche“: Das ist ein gefährliches Zeichen der Rückwärtsgewandtheit der katholischen Kirche, das zu einer Spaltung führen kann.“

Zuletzt geändert am 26­.09.2007