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Veröffentlicht am 27­.05.2022

27.5.2022, 17:07 Uhr - SWR1 Thema heute

Mief, Missbrauch, Mitgliederschwund - die Kirche in der Krise

Stell dir vor, es ist Katholikentag, und kaum einer geht hin. In Stuttgart sind gerade einmal 25.000 Menschen - immer mehr Menschen wenden sich von der Kirche ab. Themen wie Missbrauch, Zölibat und Priestermangel beherrschen die Diskussion. Wo sind Baustellen, wo besteht Hoffnung, was muss sich ändern? Wir sprechen im SWR1-Thema Heute dazu unter anderem mit der Laienbewegung "Wir sind Kirche".

ab Minute 5:15:

Die Bewegung Wir sind Kirche will ausdrücklich nicht mit der katholischen Kirche brechen und setzt sich dennoch für Veränderungen ein.

Frage: Überall fehlen Priester, Gemeinden werden zusammengelegt oder sogar aufgelöst. Die Menschen treten aus. Was muss passieren, um die Kirche wieder an die Menschen heranzutragen, eine lebendige moderne Kirche zu schaffen?

Weisner: Ja, das ist wirklich eine große Frage und da hat, glaube ich, auch beim Katholikentag hier niemand eine Antwort. Es ist schon wirklich ein großer Weckruf, das auch zu diesem Katholikentag lange nicht so viele Menschen kommen wie eigentlich kommen müssten. Und das ist nicht nur die Pandemie, die Corona-Pandemie, sondern das ist auch die Pandemie des Glaubwürdigkeitsverlustes der katholischen Kirche, die Pandemie der sexualisierten Gewalt in der Kirche, die so lange vertuscht wurde. Das ist ein Weckruf an die Kirchenleitung, dass  endlich und einheitlich gegenüber sexualisierter Gewalt gehandelt werden muss.

Sie haben den Missbrauch angesprochen. Können denn solche tiefen Vertrauensverluste überhaupt wettgemacht werden?

Das ist ganz, ganz schwierig. Das Vertrauen ist immer schnell verspielt und das kann man ja nicht erwerben, sondern es braucht wirklich ein neues Handeln und dann kommen die Menschen vielleicht wieder zurück und sagen: Doch die katholische kirche ist wichtig, eine kirchliche Gemeinsacht ist insgesamt wichtig. Ohne katholische Kirche wäre die Welt ja nicht besser. Sondern es braucht Gemeinschaft. Das Andere ist, wir dürfen jetzt nicht sagen: Ach ja, dann machen wir die Caritas, das ist eine ganz wichtige Aufgabe der Kirche, die Flüchtlingshilfe, die Hilfe für die Ukraine. Das ist alles wichtig, aber durch die Missbrauchskrise ist so viel Vertrauen kaputt gegangen. Das wird Jahre, Jahrzehnte dauern.

Was ist vom Synodalen Weg zu erwarten? Dieses Gesprächsformat endet ja im kommenden Frühjahr. Dann werden Forderungen vorgelegt werden, die von Rom wahrscheinlich wieder abgelehnt werden. Kann sich Kirche überhaupt reformieren?

Das ist eine große Grundfrage und trotzdem ist es wichtig, in diesem Synodalen Weg theologische Argumente zu sammeln. Wichtiger wäre dann, dass die Bischöfe diese Lösungsvorschläge, dass sie die gemeinsam und einheitlich nach Rom tragen und sich wirklich dahinterstellen. Und das nicht nur wie einen Brief in Rom abliefern, sondern sagen: Es ist dringend notwendig. Es geht ja jetzt nicht um einen Wunschkatalog von Reformen, sondern es geht darum, höchst peinliche Situationen, die ja eigentlich im krassen Widerspruch zur christlichen Botschaften stehen, nämlich dieser Machtmissbrauch, diese Vertuschung, eine menschenfeindliche Sexualmoral, eine Geschlechterdiskriminierung der Frauen. Das muss abgestellt werden. Das ist ein schwieriger, ein umfassender, ein radikaler Prozess. Aber je später er begonnen wird, umso schlimmer ist es.

https://www.swr.de/swr1/rp/programm/mief-missbrauch-mitgliederschwund-die-kirche-in-der-krise-100.html

 

 

Zuletzt geändert am 07­.06.2022