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Veröffentlicht am 01­.12.2019

1.12.2019 - Passauer Bistumsblatt

Zeit für Reformen

Im Vorfeld des Synodalen Weges trafen sich Vertreter von „Wir sind Kirche“ in Passau PASSAU. Mit dem Beginn des neuen Kirchenjahres fällt heuer in Deutschland gleichzeitig der Startschuss für den sogenannten Synodalen Weg, ein Prozess, den die Deutsche Bischofskonferenz zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals angestoßen hat (siehe S. 4/5). Gemeinsam mit den Gläubigen wollen die Kirchenoberen über mögliche Reformen diskutieren. Konkret geht es um die Themen Machtmissbrauch, Sexualmoral, Zölibat und auch um die Rolle der Frau.

Die kirchliche Reformbewegung „Wir sind Kirche“ ist nicht direkt am Synodalen Weg beteiligt. In den vergangenen Wochen hat sich die Gruppierung dennoch immer wieder öffentlich zum Prozess geäußert, mit Wünschen, aber auch mit Kritik. Kürzlich haben sich Prof. i. R. Dr. Theodor Nolte, Prof. i. R. Dr. Stefan Knobloch und Dipl.-Theol. Axel Harald Stark vom Passauer „Wir sind Kirche“-Team mit Christian Weisner, Mitglied im Bundesteam und Sprecher der Kirchenvolksbewegung, getroffen, um sich über aktuelle Entwicklungen auszutauschen. Weisner hielt im Anschluss einen Vortrag in der Pfarrei Tiefenbach, wo sich dann in einer Diskussionsrunde auch Gläubige und theologisch Interessierte zu Wort melden konnten.

Weisner machte von Anfang an eines ganz deutlich: Dass er den Synodalen Weg als solches, trotz aller Skepsis, für ebenso wertvoll wie alternativlos hält. „Natürlich ist es Ansichtssache, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Doch am wichtigsten ist, dass es nicht kaputt geht“, betonte er. Im geschützten Rahmen des Prozesses könne man zueinander kommen, „wenn man nur will.“ So verhärtet, wie die Fronten bei vielen mittlerweile sind, sei das kein leichtes Unterfangen – aber ein zwingend nötiges: „Manche, so fürchte ich, haben immer noch nicht erkannt, wie dramatisch die Situation in unserer Kirche ist. Manch einer will auch heute noch nicht sehen, wie dringend nötig Reformen sind.“ Doch es gebe auch Zeichen, die Hoffnung wecken: „Papst Franziskus hat der Kirche eine neue Freiheit gegeben. Man kann nun Dinge offen sagen, die lange nicht ausgesprochen werden durften. Es ist etwas im Gange. Ich würde es so formulieren: Wir sind mitten drin in einem Transformationsprozess, dem wir uns nicht entziehen können – einem schmerzlichen, aber doch hoffnungsvollen – Ausgang ungewiss.“ Die Grundfrage müsse nicht lauten: „Zölibat – ja oder nein? Priesterinnen – ja oder nein und so weiter“, sondern vielmehr: „Wie schaffen wir Gemeinschaft? Und: Wie gelingt es uns, zu gewährleisten, dass alle Mitglieder dieser Gemeinschaft teilhaben können an der Eucharistie, dem Höhepunkt unseres Glaubenslebens?“ Vor diesem Hintergrund müsse man über Machtfragen, die Rolle der Frau und den Zölibat sprechen. Im Zentrum, das dürfe nie vergessen werden, müsse aber die Aufarbeitung des Missbrauchsskandals bleiben.

Trotz aller Wünsche und Forderungen auch seitens „Wir sind Kirche“ plädiert Weisner dafür, den „synodalen Weg“ insgesamt nicht zu überfrachten. Als gelungen wäre er aus seiner Sicht dann zu bezeichnen, wenn er ergebnisoffen, partizipatorisch und transparent geführt wird und in konkrete Ergebnisse und Beschlüsse mündet. Wie sich diese auf Bistumsebene abbilden könnten, das könne man heute noch nicht abschätzen, so die Passauer Gesprächsteilnehmer. Ihr größter Wunsch wäre: „Mehr Information darüber, wer
aus unserem Bistum wie am Prozess beteiligt ist, denn das ist in der Öffentlichkeit kaum präsent.“ bo

 

Zuletzt geändert am 10­.12.2019