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Veröffentlicht am 28­.10.2013

28.10.2013 - KNA

Fall Limburg befördert neue Debatte über Staatsleistungen

München/Berlin/Kassel (KNA) Die Debatte um das millionenschwere Bauprojekt auf dem Limburger Domberg zieht eine neue Diskussion um Staatsleistungen an die Kirchen nach sich. Der FDP-Spitzenpolitiker Wolfgang Kubicki forderte im "Focus" (Montag) eine zügige Einstellung der Zahlun-gen von mehr als 460 Millionen Euro an die beiden großen Kirchen. Eine Kommission beim Bundes-finanzminister solle den Wert des 1803 verstaatlichten Kirchenbesitzes und die Summe der seither geleisteten staatlichen Entschädigungszahlungen ermitteln. Dabei könne sich auch herausstellen, "dass schon alles abgegolten ist."

Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hält die Idee laut "Focus" für überzeugend. Aller-dings müsse die Kirche an einer solchen Kommission beteiligt werden. Der Tutzinger Unterneh-mensberater Thomas von Mitschke-Collande forderte im "Tagesspiegel am Sonntag" die Kirchen zum freiwilligen Verzicht auf. Es sei "zu weltlich", auf einer mehr als 200 Jahre alten Rechtsposition zu beharren. Außerdem könnten die Kirchen gut auf den Betrag verzichten. "Die Kirchensteuern stei-gen wegen der guten Konjunktur", erläuterte der einstige McKinsey-Direktor. "Dieses Jahr bekom-men die beiden Kirchen 400 bis 600 Millionen Euro mehr, nächstes Jahr auch."

Von Mitschke-Collande schlug vor, den Verzicht an Bedingungen zu knüpfen. "Der Staat muss mit den Millionen, die er nicht mehr an die Kirchen zahlt, etwas Gutes tun", etwa ein Institut gründen, mit dem Flüchtlinge oder behinderte Menschen unterstützt werden. "Das Geld sollte nicht in einem Haushaltsloch verschwinden." Die Kirchen könnten sich so vom Staat finanziell unabhängiger ma-chen. "So müsste eigentlich eine Institution agieren, die sich anders verhalten will als ein Unterneh-men."

Mit Blick auf die Vermögenswerte der katholischen Kirche sprach sich der Unternehmensberater für "schonungslose Transparenz" aus. Dabei könne es nicht darum gehen, Kirchen, Pfarrzentren und Kunstschätze zu bewerten. "Die würde ich mit null ansetzen." Es gehe aber um Kapitalanlagen, Im-mobilien, Grundbesitz und Unternehmensbeteiligungen. "Wenn man keine Fakten auf den Tisch legt, überlässt man die Diskussion anderen." Dies sei "ärgerlich und unklug". Technische Schwierigkeiten, etwa im Zusammenhang mit einer Vielzahl einzelner Rechtsträger, dürften "keine Ausrede dafür sein, dass man es nicht wenigstens versucht".

Zweifel meldete von Mitschke-Collande an den bisherigen Kontrollmechanismen an. In Kirchensteuer- und Vermögensverwaltungsräten gebe es "zu viel falsche Ehrfurcht". Viele fühlten sich geschmei-chelt, dass sie zum Beraterstab des Bischofs gehörten. Es könne aber nicht sein, "dass alle in die Knie gehen, wenn ein Kardinal um die Ecke kommt. Dieses höfische Gehabe muss ein Ende haben." Nötig sei "ein System von wirksamen Checks and Balances".

In ähnlichen Worten forderte auch die Initiative "Wir sind Kirche" auf ihrer 33. Bundesversammlung in Kassel eine Offenlegung der Kirchenfinanzen. "Die Bischöfe sind nicht absolutistische Fürsten, sondern die Diener der Menschen in den Diözesen", hieß es zum Abschluss des Treffens am Sonntag.

Zuletzt geändert am 29­.10.2013