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Veröffentlicht am 01­.06.2006

1. Juni 2006 - Initiative Kirche von unten

"Einheit der Kirche als verpflichtendes Ziel"

35 Jahre Ökumenisches Pfingsttreffen in Augsburg. IKvu fordert energische Schritte für Ökumenischen Kirchentag 2010.

Berlin/Frankfurt am Main, den 1. Juni 2006

35 Jahre nach dem Ökumenischen Pfingsttreffen in Augsburg warnt das Ökumenische Netzwerk Initiative Kirche von unten (IKvu) mit Blick auf den 2. Ökumenischen Kirchentag 2010 in München davor, die ökumenische Entwicklung in Deutschland ausschließlich an den Vorgaben aus Rom zu orientieren.

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) scheint der Krise der Ökumene hilflos gegenüberzustehen. Von den Traditionalisten in der Bischofskonferenz unter Druck gesetzt, unterwirft das ZdK seine zentrale Veranstaltung, den Katholikentag, einem Schrumpfungsprozeß und schwächt dadurch ohne Not seine eigene Funktion, einen breiten Diskussionsraum gerade für eine zukunftsfähige Kirche zu bieten.

"Dieser Trend zum kleinen Event korrespondiert im Grunde mit der allgemeinen Entwicklung der katholischen Kirche, hin zur kleinen Schar der Überzeugten. Kleinere Katholikentage sind vor allem für AktivistInnen attraktiv, die angesichts des konservativen Trends im Katholizismus jedoch zunehmend rückwärtsgewandt sind. Auf der Strecke bleiben Offenheit und Pluralität.", warnt Bernd Hans Göhrig, Bundesgeschäftsführer der IKvu. "Ganz anders präsentiert sich da schon jetzt der Evangelische Kirchentag in Köln. Die spannende Frage ist: Finden offene ökumenische Diskussionen nur noch dort statt?"

Die IKvu erwartet hier vom Präsidium des ZdK mit Blick auf den ÖKT in München 2010 eine eigenständige, selbstbewußte kirchenpolitische Positionierung gegenüber den bremsenden Kräften im deutschen Katholizismus. Nur ein ständiges klares Bekenntnis zur Ökumene und der Tradition des ökumenischen Dialoges in Deutschland kann den protestantischen Partnern die Sicherheit geben, nicht allein für den ökumenischen Prozeß verantwortlich zu sein.

"35 Jahre nach dem Ökumenischen Pfingsttreffen in Augsburg treten wir wieder auf der Stelle - trotz aller wichtigen theologischen Klärungen der letzten Jahrzehnte. Angesichts des kirchenpolitischen Klimas müssen wir sagen: Eigentlich waren wir 1971 schon weiter als heute.", so Dr. Uwe-Karsten Plisch, Sprecher der IKvu, in Berlin.

Das Ökumenische Pfingsttreffen fand von 3. bis 5. Juni 1971 in Augsburg als erster gemeinsamer Kirchentag von evangelischen und römisch-katholischen ChristInnen statt. Über 8.000 TeilnehmerInnen entwickelten praxisnahe Vorstellungen für eine ökumenisch orientierte Kirche: Die in zahlreichen Arbeitsgruppen erarbeiteten 148 Resolutionen enthielten sehr konkrete Vorschläge für das Zusammenwachsen der christlichen Kirchen in Deutschland, Ergebnis eines lebendigen Diskussionsprozesses, der bereits 1959 auf dem Evangelischen Kirchentag in München angestoßen wurde.

Einer der zentralen Vorschläge betraf die gegenseitige eucharistische Gastfreundschaft: "In jeder christlichen Kirche soll es jedem Christen, der der Einladung des Herrn folgen will, möglich sein, an der Kommunion teilzunehmen. Falls er einem anderen Bekenntnis angehört, nimmt er als Gast daran teil. Die christlichen Kirchen verzichten auf ein Verbot, das ihre Glieder von der Teilnahme an der Kommunion einer anderen Kirche abhält. Diese Kommunion erlaubt eine brüderliche Gemeinschaft, ohne daß die Kirchen und der einzelne gezwungen sind, von ihrem Verständnis des Sakraments etwas preiszugeben" (Resolution 20).

Karl Rahner SJ, einer der Väter der IKvu, diagnostizierte jedoch schon 1972, unmittelbar nach dem Augsburger Pfingsttreffen, eine Stagnation der ökumenischen Bewegung; da die Kirchen von inneren Schwierigkeiten fast absorbiert wären, käme "nicht wenigen Kirchenmännern eine solche Stagnation gar nicht unerwünscht" - das klingt wie eine aktuelle Bestandsaufnahme. Um diesen Knoten durchzuhauen, ging Pater Rahner mit einem kühnen Vorschlag an die Öffentlichkeit: "Wenn nämlich die Einheit der Kirche ein verpflichtendes Ziel aller Christen ist, das man nicht einfach bequem auf den Jüngsten Tag vertagen darf", solle man versuchen, "die volle glaubensmäßige und theologische Einheit als eine Folge einer institutionellen Einigung (zu) betrachten" - nicht umgekehrt.

Doch die Kirchen gehen getrennte Wege: "Evangelisch aus gutem Grund!" und "Katholisch aus gutem Grund!" stehen sich gegenüber - die Perspektivlosigkeit dieser Situation wird als "Ökumene der Profile" beschönigt, wie sie der EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber wieder ins Spiel brachte. "Es ist einfach selbstverständlich, daß in einer qualifizierten Partnerschaft keine Seite ihr Profil für das Gemeinsame aufgeben muß." betonte IKvu-Sprecher Dr. Uwe-Karsten Plisch. "Das Problem ist derzeit, daß trotz beteuernder Sonntagsreden ein gemeinsames ökumenisches Projekt nicht mehr erkennbar ist - wohin soll es gehen mit der Ökumene? Hier ist die katholische Seite in Zugzwang."

Es muß kirchenpolitisch etwas in Bewegung kommen, sonst verspricht der Münchner ÖKT ein Sammelsurium der Beliebigkeit zu werden - in "ökumenischer Höflichkeit" (Karl Rahner SJ).

Zuletzt geändert am 01­.06.2006