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Veröffentlicht am 17­.04.2019

16.4.2019 - Merkur.de

Mitverantwortung

 

Der ehemals von Papst Benedikt XVI. eingesetzte Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Müller, sagte zum Aufsatz von Ratzinger, er hätte damit die „Eiterbeule aufgestochen“. Wie widerwärtig, wie verlogen, wie hochmütig, wie ketzerisch, wie scheinheilig! Welche Bigotterie! Ich frage, wieso es weltweit jahrhundertelang hunderttausender Vergewaltigungen von Knaben, Mädchen und Nonnen gedauert hat, bis dies der Vatikan öffentlich zur Kenntnis genommen hat. Vermutlich, weil diese Täter nicht nur Priester, sondern auch Kardinäle und Bischöfe waren und Päpste als „Stellvertreter Christi auf Erden“ dies wissentlich vertuscht haben.

Den Finger an die wahre Eiterbeule hat der Trierer Bischof Ackermann, Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz, gelegt, als er einmal formulierte: „Ist es nicht tatsächlich so, dass die Vorstellung von einer unantastbaren Heiligkeit und Makellosigkeit der Kirche mit dazu beiträgt, die Verfehlungen einzelner zu vertuschen, wenn durch sie die Gefahr besteht, die Kirche als ganze könne in Mitleidenschaft gezogen werden?“. Theologie, so sein Vorwurf, werde leicht zur Ideologie.

Als Papst hat Benedikt eine Kirche geleitet, für deren über Jahrhunderte gehenden Missbrauch – und nicht erst seit der sogenannten 68er-Zeit –, verteilt über den ganzen Globus, er große Schuld und Mitverantwortung trägt. Bei einer Bundesversammlung von „Wir sind Kirche“ wurde der Rücktritt von Benedikt XVI. gefordert, weil ihm als Kardinal in München seit 2001 mehr als 300 Missbrauchsfälle gemeldet worden waren. „Man muss sich fragen, ob er Mittäter war, weil er nichts getan hat“, sagte damals Hans-Peter Hurka, Vorsitzender der Kirchenreformbewegung in Österreich. Hätte er nicht besser „Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa!“ sagen müssen, anstatt wie der römische Statthalter Pilatus seine Hände in Unschuld zu waschen und mit seinem Pamphlet gegen das Achte Gebot „Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen.“ zu verstoßen?

 

Herbert Hartmann

Oberhaching

https://www.merkur.de/lokales/leserbriefe/leserbriefe/glaubenskongregation-12197254.html

Zuletzt geändert am 17­.04.2019