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Veröffentlicht am 26­.11.2018

26.11.2018 - Süddeutsche Zeitung

Gedenken macht noch keine Reue

Leserbrief zum Artikel „Wir haben versagt“, 19.  November 2018 in der Süddeutschen Zeitung

Anstelle des jetzt von den deutschen Bischöfen kurzfristig angekündigten Gedenktages für die Opfer sexuellen Missbrauchs („Wir haben versagt“, 19. November) sollten sich die Bischöfe lieber um die konkrete Zuwendung zu den Betroffenen, rechtliche Aufklärung und nachhaltige Aufarbeitung kümmern. Statt Gottesdienstfeiern für die Betroffenen sollten diese gemeinsam mit den Betroffenen und deren Selbsthilfeorganisationen gestaltet werden. Dabei sind dann die besonderen Bedingungen sexualisierter Gewalt und ihrer jahrzehntelangen Vertuschung innerhalb der römisch-katholischen Kirche zu thematisieren. Glaubhafte Reue manifestiert sich nicht durch einen Gedenktag, der die Geschehnisse bereits zu einem Ereignis der Vergangenheit macht. Für die Kirchenleitungen ist es nun höchste Zeit, sich endlich der konkreten Verantwortung zu stellen. Neben der Aufarbeitung braucht es eine Veränderung von Priesterbild und Priestererziehung, neue Konzepte zur Klerikerausbildung und einen verantwortungsbewussten Umgang mit Nähe und Distanz in der Seelsorge. Dies alles wird nur möglich sein, wenn die römisch-katholische Kirche Sexualität enttabuisiert und mit Hilfe der Humanwissenschaften eine von Verantwortung geprägte Sexuallehre entwickelt.

Christian Weisner, Dachau

Zuletzt geändert am 26­.11.2018