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Veröffentlicht am 06­.08.2010

6.8.2010 - Mainpost

Roland Breitenbach: "Papst von Schweinfurt"

Roland Breitenbach, der streitbare wie engagierte Pfarrer, dem der "Gruß des Müllmanns wichtiger als der Segen des Bischofs" ist, wird 75.

Papst von Schweinfurt“. So nennen ihn viele. Der Titel provoziert. Soll er auch. Breitenbach wird beim Lesen des Titels aus dem Häuschen geraten. Denn genau das wollte er nie sein, war er auch nicht. Doch weil er unermüdlich war und ist, ist er halt für viele wichtiger als Bischöfe in Würzburg oder Rom. Breitenbach, den ich als Journalist drei Jahrzehnte begleitet habe, mit dem ich Messwein getrunken und Bratwürste verzehrt habe, war immer nur eins, einer unter anderen.

Sicher, stimmt schon, dass der gelernte Journalist stets eine Ader für aktuelle Themen hatte. Er sagte auch immer ganz frei heraus, was ihm an dieser – immer noch seiner katholischen Kirche – nicht passte. Die Hierarchie hielt er nie ein, wetterte gegen den Zölibat, den er für sich nicht in Frage stellte, war kein Freund des Kirchenstaates, wollte einen lebendigen Glauben in einer ebensolchen Gemeinde.

Breitenbach ist und war immer für alle da. Das ist sein Erfolgsrezept. Rund um die Uhr war er im Einsatz, sprach mit Heirats- wie Scheidungswilligen, beriet Selbstmordkandidaten wie Überflieger, wobei seine Tage wohl öfters später als nur nach 36 Stunden endeten. Trotzdem: Roland ist stets ausgeglichen, ist ein Humorvoller, einer, den man gleichermaßen gerne in der Kirche wie im Biergarten trifft.

In drei Jahrzehnten fehlte es auch nie an Kritik an Breitenbach, der sich in den Vordergrund schiebe. Stimmt, darf man heute den Kritiker sagen. Breitenbach hat gemosert und nicht den Mund gehalten, wobei letztere halt naturgemäß schlechte Karten durch das Schweigen bei aktuellen Diskussionen hatten.

Am 7. August 1935 in Chemnitz geboren, wuchs Roland Breitenbach in Aschaffenburg auf. 1957 folgte das Abitur. Anschließend war er Arbeiter und Journalist. 1963 weihte ihn Bischof Josef Stangl zum Priester. Als Kaplan wirkte er in Retzstadt bei Karlstadt ehe er fünf Jahre Kur-Seelsorger in Bad Kissingen war. Dann kam er nach Schweinfurt, war fünf Jahre Religionslehrer am Olympia-Morata-Gymnasium. 1974 wurde er Nachfolger von Edgar Röhring, übernahm die Gemeinde St. Michael als zweiter und letzter Pfarrer, da die Diözese für das Musikerviertel mit dem Ruhestand von Breitenbach am 1. September keinen eigenen Pfarrer mehr stellen wird. St. Michael geht mit Heilig-Geist und St. Kilian eine Pfarreiengemeinschaft ein.

1974 wie heute, so Breitenbach, seien ihm Kontakte zur Jugend wichtig. Er unterrichtete an Grund-, Haupt- und der Fachoberschule. Den Ausbau der Gemeinde stellte er unter das Motto „Freiheit in Verbindlichkeit“, wobei ihm im Gespräch Heinrich Gerber einfällt, der noch heute und mit fast 90 Jahren den Schaukasten der Gemeinde gestaltet.

Wenn Breitenbach sagt, dass ihm der „Gruß des Müllmanns wichtiger als der Segen des Bischofs ist“, grinst er, steht zu seinem Wort, sieht darin auch keine Abwertung für Bischöfe, wobei er das Tischtuch zwischen ihm und dem „Würzburger“ zerschnitten sieht. Friedhelm Hofmann habe mit der Ausladung seines Freundes Bischof Jacques Gaillot, Bischof der Armen, seine Kompetenzen überreizt.

Breitenbach hat seit 1974 über 2000 Paare vor dem Brautalter gehabt, also mehr als die anderen acht katholischen Pfarreien in der Stadt. Und viele dieser Brautpaare treffen sich Jahr für Jahr beim Ehe-TÜV in St. Michael. Kolping-Pfarrer ist Breitenbach auch. Mehr als 500 Mitglieder seien nicht sein Verdienst. Doch ob ohne ihn das Haus zum Bildungszentrum samt Hotel ausgebaut hätte werden können, darf bezweifelt werden.

Bei den sozialen Projekten winkt Breitenbach gerne ab. Dafür sei die Gemeinde zuständig. Er habe sicherlich die eine oder andere Idee gegeben. Doch die Arbeit hätten andere geleistet. Beispiele dafür sind der Brotkorb für Bedürftige im Krankenhaus St. Josef, das Brückenhaus für benachteiligte Jugendliche in Niederwerrn, die Arbeitslosenaktion 1,5 Prozent, das Soziallteam, das Ältere in den eigenen vier Wänden betreut. und er nennt Namen der über 200 Mitarbeiter: Diakon Stefan Philipps beispielsweise, aber auch Helga Keller, Georg Hümpfer und Christof Bretscher.

Wichtig ist Breitenbach die Arbeit des Seelsorgers im Krankenhaus St. Josef und in der Palliativstation. „Auch auf Beerdigungen bereite ich mich immer sorgfältig vor, will nicht irgendetwas sagen, sondern die Wahrheit, will am Grab notfalls auch versöhnen“.

Politisch? „Ein Linker“, wobei Breitenbach nicht die Partei, sondern Jesus meint, der auch ein Linker gewesen sei. Er sei anders als die Amtskirche, bei der nur der rechte Flügel in Bewegung sei, was das Kreisen im Kreis zur Folge habe.

Dass der ehemalige CSU-Stadtrat ein Linker der eigenen Art wurde, hängt sicherlich mit dem Jahr 1989 zusammen. Sieben Wochen Auszeit nahm sich Breitenbach, ging auf den Jakobsweg. Danach schrieb er Bücher; zuerst den „Kleinen Bischof“, dann weitere 50, die allesamt mehrfach verlegt wurden. Dass die Einnahmen daraus in die sozialen Projekte der Gemeinde wandern, versteht sich für Breitenbach von selbst. Und keine Tantiemen hat er auch davon, dass er seine Predigten zum nächsten Sonntag bereits bis Wochenmitte in das Internet stellt. Gelesen werden die Seiten von bis zu 1200 Leuten aus der ganzen Welt. Darunter sind viele Seelsorger, die hineinschnuppern, Anregungen aufnehmen. Darunter sind aber bestimmt auch etliche Motorradfahrer, die 6000 Mann/Frau stark zu den Motorradgottesdiensten in St. Michael kommen.

Der Gottesdienst beginnt am Sonntag um 10 Uhr. Anschließend wird im Hof der Kirche gefeiert. Die Einladung von Breitenbach und der Gemeinde ergeht an alle.

http://www.mainpost.de/lokales/schweinfurt/Papst-von-Schweinfurt;art742,5680666

Zuletzt geändert am 08­.08.2010