| |
Veröffentlicht am 02­.08.2010

2.8.2010 - Süddeutsche Zeitung

Weg vom Menschen

Zum Artikel "Am Ende streikt nur der Stift" (SZ vom 27. Juli 2010)

Was Erzbischof Marx jetzt mit einem Federstrich unterzeichnet hat, werden die schon jetzt überlasteten Priester, die haupt- und ehrenamtlich Engagierten und letztlich alle Gläubigen ausbaden müssen. Die Kirche wird noch mehr die Nähe zu den Menschen verlieren. Die in ungeheurer Eile durchgepeitschte Strukturreform ist nur deshalb „erstaunlich geräuschlos“ über die Bühne gegangen, weil viele Menschen immer noch nicht verstehen, welche gravierenden Einschnitte das abstrakte Zahlenwerk schon sehr bald für das Gemeindeleben vor Ort mit sich bringen wird.

Christian Weisner, Dachau







Der an die Süddeutsche Zeitung geschickte Leserbrief in ungekürzter Fassung:

Die in ungeheurer Eile durchgepeitschte Strukturreform ist nur deshalb „erstaunlich geräuschlos“ über die Bühne gegangen, weil viele Menschen immer noch nicht verstehen, welche gravierenden Einschnitte das abstrakte Zahlenwerk schon sehr bald für das Gemeindeleben vor Ort mit sich bringen werden. Daran haben auch die zuletzt noch eingeschobenen Beschwichtigungsveranstaltungen des Ordinariats nichts geändert. Der Blick auf die Webseite (www.dem-glauben-zukunft-geben.de) zeigt, wie komplex und wenig transparent der Gesamtprozess ist. Schon rein zeitlich stellte dieser Prozess für viele Gemeinden und Gremien eine Überforderung dar, denn auch der Ökumenische Kirchentag und die Pfarrgemeinderatswahlen in diesem Jahr mussten vorbereitet werden.

Ein Kardinalfehler der Strukturreform ist sicher die vom Erzbischof direkt nach seinem Amtsantritt vorgegebene Fixierung auf die Zahl der Priester und deren Leitungsfunktion. Dies ist ein abrupter Kurswechsel gegenüber dem bewährten Modell der Pfarrbeauftragten durch Diakone und PastoralreferentInnen, das Kanon 517 §2 des Kirchenrechts entspricht und mit dem z.B. gerade jetzt im benachbarten Österreich gute Erfahrungen gemacht werden. Doch Erzbischof Marx hat dem Kurs seiner Vorgänger Kardinal Friedrich Wetter und Kardinal Julius Döpfner eine klare Absage erteilt – und sollte sich dann auch nicht in seiner Predigt am Todestag von Kardinal Döpfner auf diesen berufen.

Was Erzbischof Marx jetzt mit einem Federstrich unterzeichnet hat, werden die schon jetzt überlasteten Priester, die haupt- und ehrenamtlich Engagierten und letztlich alle Gläubigen ausbaden müssen. Die Kirche wird noch mehr die Nähe zu den Menschen verlieren.

Christian Weisner, Dachau

Zuletzt geändert am 02­.08.2010