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Veröffentlicht am 28­.10.2011

28.10.2011 - Passauer Neue Presse

Den Blick auch nach innen richten

Der Theologe und Kirchenkritiker Hans Küng antwortet auf Fragen der Besucher

Von Stefan Rammer

Im Atrium des Medienzentrums wurden am Mittwochabend 600 Zuhörer Zeugen des höchst spannenden Gesprächs. Eine Vielzahl davon nutzte das Angebot, Fragen an Küng zu stellen. Thomas Baumann reichte ein gutes Dutzend an den Theologen weiter.

Ob er sich eine vollständige Vereinigung beider christlicher Kirchen vorstellen könne, lautete die erste Frage. Küng: "Eine Einheit braucht es nicht, wir brauchen eine Osmose, eine gegenseitige Durchdringung." Küng erzählte auch von seinem Gespräch mit dem Papst im Jahr 2005 in Castel Gandolfo. Der Papst habe positiv Küngs Bemühen gewürdigt, im Dialog der Religionen wie in der Begegnung mit der säkularen Vernunft zu einer erneuerten Anerkennung der wesentlichen moralischen Werte der Menschheit beizutragen. Ebenso habe der Papst seine Zustimmung zu dem Mühen von Professor Küng bekräftigt, den Dialog zwischen Glaube und Naturwissenschaft neu zu beleben und die Gottesfrage dem naturwissenschaftlichen Denken gegenüber in ihrer Vernünftigkeit und Notwendigkeit zur Geltung zu bringen.

Auf die Frage, warum die Kirche Angst habe, Frauen als Priester wirken zu lassen, meinte Küng, das begründe sich aus der über Jahrhunderte andauernden Frauenfeindlichkeit. Küng widersprach der Meinung, dass es der Wille Gottes sei, keine Frauen als Priester wirken zu lassen. "Jesus selber hatte Frauen in seiner Gemeinschaft, die eine große Rolle gespielt haben. Nach dem Lukasevangelium haben sie sogar bezahlt für seine Jünger. Die paulinischen Gemeinden waren zum Teil von Frauen geleitet. Da kann man doch nicht sagen, das sei nicht möglich. Was Laientheologen tun könnten, um Veränderungen herbeiführen zu können? "Sie müssen einfach die Wahrheit sagen und die essentiell wichtigen Fragen ansprechen." Ein Gast wollte wissen, ob sich anstelle Roms der Staat mehr um die Kirche kümmern müsse. Küng meinte, der Staat sollte sich des Problems der Kirchensteuer annehmen. Er sollte sie nicht abschaffen, aber überlegen, ob nicht ein anderes System besser wäre, dass die Ortsgemeinden die Steuer einziehen, und zusammen mit Kirchengremien entscheiden, wie das Geld verwendet werde. Das würde "fürstbischöflichem Gebaren und selbstherrlichem Verschwenden von Millionen" den Riegel vorschieben.

Auch vor einer sehr persönlichen Frage scheute Küng nicht zurück. Eine Frau bekannte, nicht mehr an einen personalen Gott glauben zu können, und wollte wissen, wie sie wieder zum Glauben finde. Heute, so Küng, könne man nicht mehr so einfach mit den Bildern der Bibel glauben. Beten könne man, indem man den Blick nach oben richte und nach innen schaue. Gott könne man in seinem Herzen finden, meinte Küng, der hier auch die Positionen von Papst Benedikt wiedergibt. Gott sei "der Unendliche im Endlichen, das Meer der Liebe, der Horizont des Lebens, die Sonne des Lebens. Er ist das große Geheimnis im Leben, Vater und Mutter gemeinsam."

http://www.pnp.de/nachrichten/heute_in_ihrer_tageszeitung/bayern/254621_Den-Blick-auch-nach-innen-richten.html

Zuletzt geändert am 08­.11.2011