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Veröffentlicht am 17­.10.2008

17.10.2008 - Radio Vatikan

Altbischof Lobinger in Wien: Gemeindeälteste als Priester

Überschrift bei Radio Vatikan:
Österreich: Gemeindeälteste als Priester?

> Wortlaut der Rede von Bischof Dr. Fritz Lobinger

Die Kirche könnte dem Priestermangel mit der Ordinierung eines Kreises von verheirateten „Gemeindeältesten“ begegnen. Das schlug der aus Deutschland stammende emeritierte Afrika-Missionsbischof Fritz Lobinger jetzt in Wien vor. Bei einem Festvortrag an der theologischen Fakultät ging Lobinger von den Verhältnissen in seiner südafrikanischen Diözese aus. Eine kleine Anzahl von Priestern sei dort für zahlreiche und große Gemeinden zuständig. Hier liege der Ansatz für Modelle nicht-klerikaler Formen des Amtes, die auch für die europäischen Diözesen anwendbar seien. In den jungen Kirchen des Südens habe im Gegensatz zu den Kirchen Europas stets Priestermangel bestanden, der die regelmäßige sonntägliche Eucharistiefeier in vielen Gemeinden unmöglich mache, so Lobinger. Unter den Teilnehmern am Festabend waren auch Wiens Kardinal Christoph Schönborn und der emeritierte Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner.

Lobinger zitierte einen afrikanischen Erzbischof, der 1971 ein Mehr an Priestern der europäischen Art als für die Kirche nicht finanzierbar bezeichnete. Diese „durchaus heikle Überlegung“ sei jedoch nirgendwo weiterverfolgt worden, aus „Angst, dass eine Veränderung der Zulassungsbedingungen zum priesterlichen Amt die bestehenden Priester verunsichert“. Schließlich würde eine mögliche „viri probati“-Regelung zu ungleichen Voraussetzungen für die gleichen Rolle des priesterlichen Amtes führen.

Ansätze für die Lösung dieser Frage existieren für Lobinger bereits in den Gemeinden des Südens, im Begriff der „Self Ministering Community“, der das Konzept des Amtes und der Gemeinde vereint. Durch die Schaffung neuer, verschiedener Arten priesterlicher Rollen werde eine Gefährdung der jetzigen Priester abgewandt. Die Ordinierung eines Kreises von „Gemeindeältesten“ hätte den Sonntagsgottesdienst zur „ureigensten Sache der Gemeinde“ gemacht, da die Leute diesen selbst leiteten, gestalteten und planten. Dies habe in den Ländern des Südens zu einer Explosion der Laienbeteiligung in den Gemeinden geführt. Zehn bis zwanzig Gemeinden bildeten nun ein Netzwerk um einen gemeinsamen hauptamtlichen, zölibatären Priester, der sie etwa monatlich besuche. Für diesen bedeutet die Idee des Gemeindeverbandes eine neue Rolle, in der sein Leben in Ganzhingabe neuen Sinn erlange: Er sei nun nicht mehr „Versorgerpfarrer“, sondern mobiler Ausbilder der Laienleiter, geistlicher Motor und Spiritual des Leitungsgefüges. Sein Streben ginge nun dahin, so Lobinger, unter den Laien möglichst viele Charismen zu entdecken und sie für ihr Amt zu befähigen. Statt in Konkurrenz stehe er zu den ordinierten Laien in gegenseitiger Angewiesenheit.

Für die geweihten Mitglieder des Leitungskreises in den Gemeinden entschied sich Lobinger für den Ausdruck „Gemeindeälteste“, um sich nicht an den Ausdruck „Priester“ anzulehnen. Auch wenn eine Form des priesterlichen Amtes gemeint sei, müsse der Beigeschmack eines „Notbehelfes einer tröstenden Nachahmung der Priesterrolle“ verhindert werden. Es handle sich um keine künstliche Verlängerung der bestehenden Amtsform, sondern um deren Erneuerung. Durch die Bildung von Kreisen statt der Befähigung einzelner entstehe mehr Gemeinsamkeit und gemeinschaftliche Verantwortung. Das Blockdenken in Laien und Kleriker wie auch der Klerikalismus selbst werde überwunden, zudem sei damit das Ende einer ungünstigen Versorgungsmentalität der Gemeinde erreicht.

Bischof Fritz Lobinger wurde 1929 in Passau geboren und 1955 in Regensburg zum Priester geweiht. Er ging als einer der ersten „fidei donum“-Priester nach Südafrika. 1986 wurde Lobinger zum Bischof der Diözese Aliwal North geweiht und wirkte in dieser Funktion 22 Jahre lang. Er machte sich auch in Europa durch die Umsetzung des Bibel-Teilens sowie durch den Aufbau kleiner christlicher Gemeinschaften einen Namen.

(kap 17.10.2008 sk)

Wortlaut der Rede von Bischof Dr. Fritz Lobinger
Die Jungen Kirchen und die Zukunft des Kirchlichen Amtes.
Plädoyer für Kreise von ordinierten Gemeindeältesten
Festrede Bischofs Lobinger (Südafrika) zum Dies Facultatis der Katholischen Theologischen Fakultät am 15.10.2008 in Wien
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Zuletzt geändert am 04­.01.2009