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Veröffentlicht am 23­.01.2015

23.1.2015 - t-online.de / dpa

Neue Steuerregelung befeuert Kirchenaustritte

Die beiden großen Kirchen in Deutschland haben im vergangenen Jahr erneut deutlich mehr Mitglieder verloren als zuvor. Doch dieses Mal steckt dahinter kein Missbrauchsskandal oder "Protz-Bischof", sondern vermutlich ein Missverständnis im Zusammenhang mit der Kirchensteuer. Diese wird nun direkt von den Banken abgeführt, wenn Kapitalerträge anfallen. Manche Katholiken und Protestanten denken womöglich, es handele sich um eine neue oder zusätzliche Belastung.

Die Zahlen sehen jedenfalls für beide große Konfessionen nicht gut aus, wie eine Umfrage in katholischen Bistümern, evangelischen Landeskirchen und Behörden ergeben hat. Demnach muss die katholische Kirche damit rechnen, dass der Aderlass noch größer war als im Rekordjahr 2010 nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals. Bei den Protestanten sieht es ähnlich dramatisch aus, dort verdoppelten sich die Austrittszahlen teils.

Die Kirche müsse sich selbstkritisch fragen, ob sie die neue Steuerregelung ausreichend kommuniziert habe, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm. Seit Januar führen Banken und Versicherer die auf Kapitalerträge entfallende Kirchensteuer direkt ab.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz will die Austrittszahlen erst zur Jahresmitte vorlegen. Dennoch lassen die Angaben der Amtsgerichte und Standesämter auf eine ähnliche Entwicklung wie bei den Protestanten schließen. 2013 hatte sie 179.000 Austritte registriert - 2014 könnte somit der Höchststand von 2010 mit 181.193 Austritten noch übertroffen werden.

Im überwiegend katholisch geprägten München etwa erklärten 12.674 katholische und evangelische Christen ihren Austritt, das sind 19 Prozent mehr als 2013. Im bayerischen Regensburg mit seinem starken katholischen Milieu verzeichnete das Standesamt 2014 rund 1200 Austritte nach knapp 950 im Jahr zuvor. In Köln wird die Zahl der Austritte aus katholischer und evangelischer Kirche zusammen auf etwa 7500 geschätzt. Das sind laut Amtsgericht etwa 1000 mehr als 2013.

Bistümer rechnen mit dem Schlimmsten

Eine Einschätzung wagen auch einige Bistümer. "Wir rechnen mit mehr Austritten", sagte ein Sprecher des Bistums Fulda. Auch er nannte die Umstellung beim Kirchensteuereinzug als Hauptgrund: "Das hat Missverständnisse verursacht und es ist sehr ärgerlich. Offenbar dachten viele Menschen, es gebe eine neue Steuer."

Ähnlich sieht es ein Sprecher des Erzbistums Bamberg: "Es ist bekannt, dass viele Kirchenmitglieder wegen der steuerlichen Neuregelung verunsichert waren." Das hat auch Hannovers Stadtsprecher Udo Möller beobachtet. Er verweist darauf, dass sich an der Steuerpflicht selbst dadurch nichts geändert hat. Zuletzt hatten katholische und evangelische Kirche in Deutschland zusammen rund 48 Millionen Mitglieder.

> ganzer Bericht:
http://www.t-online.de/wirtschaft/id_72622676/neue-steuerregelung-befeuert-kirchenaustritte.html

Zuletzt geändert am 24­.01.2015