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Veröffentlicht am 17­.10.2010

17.20.2010 - Christ in der Gegenwart

Jugend ohne Gott - Ende der Kirche?

Von Johannes Röser

Die Republik ist zufrieden. Jedenfalls mit ihrer Jugend. Denn der geht es gut. Das hat die jüngste Shell-Studie zur Lage des Nachwuchses zwischen zwölf und 25 Jahren ergeben. Zwar macht man sich Sorgen um manche Turbulenzen in der Unterschicht und um die Integration der Zuwanderer-Kinder. Alles in allem aber scheint die "Null-Bock-Mentalität" der siebziger und achtziger Jahre endgültig verschwunden zu sein. Die "Süddeutsche Zeitung" urteilt: "Trotz Krise optimistisch." Die junge Generation zeige sich "insgesamt pragmatisch, leistungsbereit und lässt sich vor allem wegen dieser beiden Eigenschaften weder vom steigenden Druck im Berufsleben noch von der Wirtschaftskrise negativ beeinflussen". Der Berliner "Tagesspiegel" macht nur die Einschränkung: "Allerdings hängt der Optimismus der Jugendlichen von ihrer sozialen Herkunft ab." (...)

(...) Besonders spannend wird es, wenn man die Tiefststände, die ein Beleg für fortgesetzte Säkularisierung sind, mit den Antworten der Jugendlichen anderer Religionen, überwiegend Muslime, vergleicht. In dieser Gruppe erreichen die religiösen Haltungen Spitzenwerte. So ist für fast neunzig Prozent dieser jungen Leute der Glaube an Gott wichtig fürs Leben. Zwei Drittel messen ihm sogar ganz besondere, höchste Wichtigkeit zu. Auch bei der Zustimmung zu einem persönlichen Gottesbild übertreffen die jungen Leute anderer Religion die Katholiken und die Evangelischen bei weitem, ungefähr mit dem doppelten Wert. Auffällig ist allerdings, dass auch unter jungen Muslimen anscheinend zunehmend ein abstrakteres, vageres Gottesbild bevorzugt wird. Ungefähr jeder Vierte wählt die Antwortvorgabe "göttliches Prinzip", wie auch bei den Getauften. (...)

(...) Die Zukunft der Kirche steht auf dem Spiel. Wenn sich der dramatische Abbruch durch Desinteresse wie bisher fortsetzt, könnte die Katastrophe bereits in wenigen Generationen Wirklichkeit sein. Pastorales "Business as usual" reicht nicht mehr. Es führt kein Weg daran vorbei: Wer die Jugend christlich gewinnen möchte, darf nicht nur missionarisch - propagandistisch Dogmatik predigen, er muss sich um sie in den Abgründen des Religiösen durch bestes und sehr viel gutes Seelsorgepersonal sorgen. Der christliche Gottesglaube kommt allerdings nicht von außen, er wächst von innen. Er soll auch unter unseren Kindern und Jugendlichen wieder die Chance haben, als Gnade und Geschenk plausibel, innerlich überzeugend zu wirken. Die Gottesgeburt in den jungen Leuten braucht jedoch überdurchschnittlich qualifizierte Hebammen. Gebären muss jeder selbst. Die religiös-christliche Jugendfrage verlangt energischste kirchliche Reformanstrengung. Nicht erst morgen. Jetzt!

Zuletzt geändert am 15­.10.2010