| |
Veröffentlicht am 11­.08.2010

11.8.2010 - KNA

Studie: Wachsende Kluft zwischen Priestern und Bischöfen

Nach einer Umfrage unter 500 österreichischen Priestern sieht der Pastoraltheologe Paul Zulehner eine wachsende Kluft zwischen Bischöfen und Priestern in der katholischen Kirche.

Bonn 11.08.2010 (KNA) Der emeritierte Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner sieht eine wachsende Kluft zwischen Bischöfen und Priestern in der katholischen Kirche. "Man hat den Eindruck, dass die Bischöfe es nicht mehr in der Hand haben, wie Pfarrer in dieser modernen Gesellschaft ihr Leben gestalten", sagte er der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur". Zulehner berief sich auf eine von ihm durchgeführte Umfrage bei 500 österreichischen Priestern.

In den Gemeinden liefen die Entwicklungen so schnell, dass die Kirchenleitungen mit ihren Beschlüssen gar nicht mehr nachkämen. Die Bischöfe liefen Gefahr, ihre Gestaltungsmacht zu verlieren, weil Pfarrer und Gemeindemitglieder Reformen von sich aus angingen, so der 70-Jährige. Er verwies auf die Ökumene oder die Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Eucharistie.

Zulehner erklärte, dass 79 Prozent der befragten Pfarrer für eine Abschaffung der Zölibatspflicht und 51 Prozent für die Zulassung von Frauen zur Priesterweihe seien. Eine Mehrheit von 52 Prozent bekennt laut Umfrage, dass sie in wichtigen Fragen anders denkt als die Kirchenleitung. Gleichzeitig bilanzieren 69 Prozent, dass sie mit ihrem ehelosen Leben bislang in der Summe glücklich gewesen seien. Nur 13 Prozent würden wahrscheinlich und 6 Prozent sicher heiraten, wenn sie das Amt behalten könnten. Dieser Gruppe von Pfarrern gehe es nicht um die "Abschaffung des Zölibats", sondern um einen Qualitätsgewinn für das Priesteramt, so Zulehner.

Der Theologe verwies zugleich darauf, dass die jüngeren Priester tendenziell eine größere Skepsis und Distanz zur modernen Kultur zeigten als ältere. Es könne sein, dass über das Kriterium des Pflichtzölibats derzeit eine Auslese stattfinde, wonach vermehrt modernitätsskeptische Männer Zugang zum Priesteramt finden, so die Analyse. Das reformwillige Kirchenvolk könne auf diese Entwicklung mit Flucht reagieren, zumal "die junge konservative Priesterschaft ihre klerikale Macht tendenziell eher autoritär" einsetzen werde. "Was da übrig bleibt, ist eine geschlossene kleine Schar, nicht frömmer, aber antimoderner. Es bestehe die Gefahr, dass die Kirche zur Sekte werde.

Laut Studie erwiesen sich die Priester als eine weiterhin hoch motivierte Berufsgruppe. Viele fürchteten aber, dass ihre Rolle aufgrund des wachsenden Priestermangels ausblute und sie zu Managern von pastoralen Großräumen würden. Viele Geistliche appellierten deshalb an die Kirchenleitungen, die Zulassungsbestimmungen zum Priesteramt durchlässiger zu machen.

http://www.kna.de/webnews/kwn09/20100811-BD-1544.42BA-1.html

Zuletzt geändert am 12­.08.2010