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Veröffentlicht am 08­.06.2010

Priesterjahr Ende

Wir sind Kirche fordert eine „Dekade des Volkes Gottes“ zum Ende des „Jahres des Priesters“


Statement von Angelika Fromm auf der Pressekonferenz am 8. Juni 2010 in Rom

Am Ende eines enttäuschenden „Jahres des Priesters“ und einem katastrophalen Jahr für die gesamte römisch-katholische Kirche fordert die Internationale Bewegung Wir sind Kirche eine „Dekade des Volkes Gottes“.

Was will uns die Lebendige Geistkraft Gottes am Ende dieses „Jahres des Priesters“ sagen? Die römisch katholische Kirche ist weltweit in einer tiefen Krise. Die klerikale Hierarchie ist unglaubwürdig geworden und kann nicht länger als Fundament für die institutionelle Struktur und Autorität der Kirche dienen. Die schockierenden Enthüllungen über sexuellen Missbrauch an Kindern, Jugendlichen und Frauen in der römisch-katholischen Kirche und ihre jahrzehntelange Verschleierung zeigen deutlich die skandalösen Verirrungen, die von einer männlichen Priesterschaft mit erzwungener Enthaltsamkeit verursacht werden können. Damit wird das traditionelle Priesterbild endgültig infrage gestellt.

Selbst die päpstliche Zeitung L'Osservatore Romano veröffentlichte einen Artikel von Lucetta Scaraffia, Professorin der Geschichte, in dem sie argumentiert, dass der Ausschluss von Frauen aus der Kirchenleitung mitverantwortlich sei für die sexuelle Gewalt durch Männer, die dann von männlichen Allianzen geheimgehalten wurde.(11. März 2010, www.vatican.va/news_services/or/or_quo/commenti/2010/058q01b1.html).

Wir sind Kirche begrüßt die gegenwärtigen Aktivitäten des Papstes zur Bekämpfung dieses Unrechts in der Kirche. Aber wenn Papst Benedikt ein „Mea Culpa“ bekennt für die Jahrzehnte von Kindesmissbrauch durch Priester und deren Vertuschuschung durch Bischöfe, dann müsste nach den Lehren des römisch-katholischen Katechismus auch der Wille zur Veränderung und die feste Absicht folgen, alles zu tun, was erforderlich ist, um diese Verbrechen in Zukunft zu verhindern. Das „Mea Culpa“ kann aber von den Opfern sowie von den Gläubigen nur akzeptiert werden, wenn wesentliche strukturelle Veränderungen in die Praxis umgesetzt werden, die effektiv die Gefahr des sexuellen Missbrauchs und ihre Verschleierung vermindern.

Die Internationale Bewegung Wir sind Kirche fordert Papst Benedikt auf, seinen Elfenbeinturm zu verlassen und sich den drängenden Anforderungen des heutigen Lebens zu stellen. Millionen katholischer Männer und Frauen auf der ganzen Welt haben ihr Vertrauen in die kirchliche Hierarchie verloren und die Kirche verlassen . Um diese Menschen wieder für unsere Kirche zu gewinnen, müsste der Papst mit derselben Entschiedenheit, mit der er jetzt für eine Null-Toleranz-Strategie gegen sexuellen Missbrauch eintritt, die dringenden Reformen einleiten.

Eine große Mehrheit der Gläubigen ist bereit für diese Reformen, wie internationale Studien wieder und wieder (www.wir-sind-kirche.de/files/17_Greely-Zahlen.pdf) bewiesen haben . Angesichts der pastoralen Notsituation in unseren Gemeinden braucht unsere Kirche dringend eine große Zahl von verheirateten oder unverheirateten Seelsorgern und Seelsorgerinnen, die Gemeinden in überschaubaren Größen leiten; das Charisma ist entscheidend, nicht das Geschlecht oder der Familienstand. Der Papst hätte nach dem Kirchenrecht jetzt schon die Möglichkeit, Ausnahmeregelungen (Indult) für berufene Frauen und Männer, ob verheiratet oder nicht, einzuführen. Es ist ein Zeichen der Hoffnung, dass unter anderem Kardinal Schönborn von Wien / Österreich und Erzbischof Schick von Bamberg / Deutschland vor kurzem die Aufhebung des Pflichtzölibates andachten.

Jetzt ist die Zeit, um längst überfällige Reformen zu beginnen! Traditionen müssen in jede Zeit neu ausgesagt werden und Tradition und Gegenwart sind keine Gegensätze. Das Lehramt muss und kann nicht an gültigen Menschenrechten und den Regeln der Demokratie vorbei starre Lehren aufrecht erhalten. Gleiche Rechte für Männer und Frauen sind unverzichtbar, in Staat und Kirche.

Deshalb fordert Wir sind Kirche die Mitbeteiligung der Gläubigen auf allen Ebenen, die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern in der Kirche, die Aufhebung des Pflichtzölibates und eine humane Sexuallehre, die auf den aktuellen Erkenntnissen der Humanwissenschaften und der Gewissensentscheidung des Einzelnen basiert.

Nach dem Kodex des Kanonischen Rechts Can. 212 „... haben die Christgläubigen das Recht und bisweilen sogar die Pflicht, den geweihten Hirten ihre Meinung zu sagen, wenn es um das Wohl der Kirche geht, und diese Meinung auch den anderen Gläubigen mitzuteilen“.

Viele im Volk Gottes sind überzeugt, dass die Lebendige Geistkraft unsere Kirche in die tiefste Krise seit der Reformation geführt hat, jetzt aber grundlegende Erneuerungen verlangt. Theologie und Pastoral sind seit langem darauf vorbereitet.
Ermutigt durch das Zweite Vatikanische Konzil, das die Position des Volkes Gottes in der Kirche gestärkt hat, fordert Wir sind Kirche eine „Dekade des Volkes Gottes“. * * *

Die Internationale Bewegung Wir sind Kirche (IMWAC), gegründet 1996 in Rom, ist der Erneuerung der römisch-katholischen Kirche im Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) verpflichtet. Wir sind Kirche entstand durch die KirchenVolksabstimmung in Österreich im Jahr 1995 nach dem Pädophilie-Skandal um ehemaligen Kardinal Groer in Wien. Wir sind Kirche ist in mehr als zwanzig Ländern auf allen Kontinenten vertreten und ist weltweit vernetzt mit gleichgesinnten Reformreformgruppen. Wir sind Kirche unterstützt nachdrücklich Hans Küng's offenen Brief an die Bischöfe, in dem er sie auffordert, Reformen durchzusetzen.
Homepage: www.we-are-church.org

Aktion Lila Stola,
1996 in Mainz / Deutschland als Teil von Wir sind Kirche gegründet, setzt sich aktiv für die Förderung der vollen Gleichberechtigung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche ein. Bei Priester- und Diakonatsweihen demonstrieren Frauen und Männer regelmäßig mit dem Symbol der Lila Stola für die Erneuerung der Weiheämter. Violett ist die Farbe der Frauenbewegung und auch die kirchliche Farbe für Buße und Neuanfang. Homepage: www.wir-sind-kirche.de/?id=197

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Angelika Fromm,
ausgebildete Diakonin und Vertreterin der Internationalen Bewegung Wir sind Kirche und der Aktion Lila Stola, geboren 1951, studierte katholische Theologie in Münster / Deutschland (1969-1975) und war als Lehrerin für Religion, Deutsch und Ethik tätig. Sie ist seit den Anfängen im Jahr 1995 in Wir sind Kirche und seit 1996 in der Women's Ordination Bewegung engagiert. Sie absolvierte den ersten Ausbildungsgang für Diakoninnen in Deutschland. Sie hat drei erwachsene Kinder und lebt in Mainz / Deutschland.
Email: mariafromm@googlemail.com
Handy in Rom: +49-177-9224542

Zuletzt geändert am 10­.06.2010