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Veröffentlicht am 28­.03.2010

Bundesversamml. Würzburg (Ende)

Ursachen der sexualisierten Gewalt in den Blick nehmen – Beteiligung an den Runden Tischen von Kirche und Staat gefordert – Aufruf zum Donnerstaggebet für Aufhebung des Pflichtzölibats

Pressemitteilung Würzburg/ München, 28. März 2010

„Ohne eine Neuausrichtung der katholischen Sexuallehre und eine breite Diskussion auch der Zölibatsverpflichtung wird die so lange vertuschte sexualisierte Gewalt innerhalb der römisch-katholischen Kirche nicht überwunden werden können“, ist ein zentrales Ergebnis der 27. Bundesversammlung der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche, die vom 26. bis 28. März 2010 mit 100 Teilnehmenden in Würzburg stattfand.

Die katholische Reformbewegung wird sehr aufmerksam verfolgen, ob die jetzt von den deutschen Bischöfen und Orden angekündigten Beratungs-, Hilfs- und Präventionsmaßnahmen auch wirklich umfassend und zeitnah in Gang gebracht werden. Wir sind Kirche vertritt die Erfahrungen von fast 400 Opfern (davon allein 90 aus den letzten beiden Monaten), die von dem seit 2002 betriebenen Nottelefon (ehemals „Zypresse“) für Opfer sexualisierter Gewalt betreut werden. Wir sind Kirche wird eine Beteiligung an den beiden Runden Tischen von Kirche und Staat einfordern, um die Kompetenzen des Nottelefons in die Beratungen einzubringen.

Bereits vor Beginn der Bundesversammlung hatten die deutsche KirchenVolksBewegung ein „Mea culpa“ und Hans Peter Hurka für die österreichische KirchenVolksBewegung auch persönliche Konsequenzen des Papstes gefordert.

Der katholische Sozialethiker Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach SJ hielt am Samstag den Hauptvortrag „Gottes Volk im kirchlichen Exil“ zur Vorbereitung auf den 2. Ökumenischen Kirchentag. „Glauben heißt den Weg der Gerechtigkeit gehen“, so der Jesuit Hengsbach, deshalb müsse ein Gottesdienst, der dem Willen Jesu Christi entspricht, die Liebe und Gerechtigkeit gegenüber den anderen Menschen ver­kör­pern. Die Hingabe an Gott und die Hinwendung zum Mitmenschen seien untrennbar miteinander ver­bun­den, wobei der Geschwisterdienst an die erste Stelle vor der Liturgie und der Verkündigung der Botschaft zu setzen sei. In der Ökumene könne nicht die Rückkehr aller Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften unter das Dach der katholischen Kirche Ziel der ökumenischen Bewegung sein, so Hengsbach. Er kritisierte auch die Konzentrations- und Fusionsprozesse in den deutschen Diözesen, die angesichts des Mangels an Priestern und Priesteramts­kan­di­da­ten fast ausnahmslos an der Zahl der noch vorhandenen Kleriker ausgerichtet seien.

Prof. Hengsbach analysierte die derzeitige Kirchensituation mit den Thesen von 6 K`s in schonungsloser Weise: „Kirche im Kapitalismus“, „Körperschaftskirche“, „Klassenkirche“, „Kathedralkirche“, „Kultkirche“ und „Kleriker-Kirche“. Dem gegenüber stellte er das Bild vom Gottesvolk im kirchlichen Exil, vergleichbar dem Exil der Israeliten. Das wiederum ist ein Hoffnungszeichen für uns: wie das Volk damals ohne Tempel, Land und Priesterschaft, aber mit Gott in seiner Mitte überlebte, so können wir auch heute die Krise überstehen. Gott ist mit uns im Exil, und dabei sind wir mit unserem persönlichen Glaubenszeugnis angefragt. Auf dem 2. Ökumenischen Kirchentag im Mai 2010 in München wird Prof. Hengsbach in die Wir sind Kirche-Veranstaltung „Gottesdienst ist Menschendienst“ einführen.

Von der Hammelburger Initiative „Kirche in Bewegung“ schilderten Beate Ritter-Schilling und andere VertreterInnen sehr eindrücklich ihre Erfahrungen seit der Suspendierung ihres Pfarrers Michael Sell am 15. Oktober 2009. Die KirchenVolksBewegung unterstützt den Hammelburger Aufruf zum „Donnerstaggebet für die Erneuerung der Kirche“, das an immer mehr Orten zur gleichen Zeit (18 Uhr) gebetet werden soll.

Mit einem Mahngottesdienst zum „Weltgebetstag für Frauenordination“ (25. März), der vor der Würzburger Marienkapelle gefeiert wurde, geht die Frühjahrs-Bundesversammlung am Sonntagmittag zu Ende.

Die nächste Bundesversammlung zum Thema „Zölibat und Gemeinde“ wird vom 22.-24. Oktober 2010 in Essen stattfinden.


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Zuletzt geändert am 29­.01.2016