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Veröffentlicht am 05­.11.2009

5.11.2009 - kathweb

Kirchenreform kann nicht "gegen Rom oder an Rom vorbei" erfolgen

Bischof Kapellari antwortet Proponenten der "Laien-Initiative", Herbert Kohlmaier und Peter Pawlowsky

Graz (KAP) Reformen in der katholischen Kirche können nicht "gegen Rom oder an Rom vorbei" erfolgen. Daran erinnert der Grazer Diözesanbischof (und stellvertretende Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz) Egon Kapellari in einem Brief an die Proponenten der "Laien-Initiative", Herbert Kohlmaier und Peter Pawlowsky. Die Initiative fordert u.a. die Aufhebung der Zölibatspflicht für katholische Priester des lateinischen Ritus und die Weihe von Frauen zu Diakoninnen. Kapellari betont, er "achte alle Menschen, die sich heute Sorgen um unsere Kirche machen und leidenschaftlich zu Wort melden - gleichviel aus welchem Teil des Kirchenspektrums". Er wolle Probleme auch nicht kleinreden.

Wörtlich schreibt der Bischof in dem - auch "Kathpress" übermittelten - Brief weiter: "Ich halte aber zugleich (...) daran fest, dass ich nicht bereit bin, einen Weg gegen Rom oder an Rom vorbei zu gehen. In meiner Diözese haben wir uns von den anstehenden Problemen nicht lähmen lassen und gehen einen Weg im Verfassungsrahmen der Kirche. Den Gremien meiner Diözese habe ich dies wiederholt klar gesagt und dort breite Zustimmung gefunden. Die Alternative wäre eine Spaltung der Kirche auch dann, wenn manche Initiatoren einer Bewegung dies ausschließen wollen".

Zugleich weist Bischof Kapellari Behauptungen zurück, wonach die Kirchenleitung das Gespräch über Reformanliegen verweigere. Er und auch andere Bischöfe hätten wiederholt mit Proponenten der Initiativen "Priester ohne Amt", "Kirchenvolksbegehren" und "Pfarrer-Initiative" Gespräche geführt. Er habe dabei seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass "eine Betrachtung z.B. der Themen Zölibat und Frauenordination Argumente einbeziehen muss, die über eine vielerorts dominante pragmatische Plausibilität weit hinausreichen", betont der Grazer Bischof.

Für Frauenweihe "keine Vollmacht"

Was wiederholte Forderungen nach Zulassung von Frauen zur Priesterweihe betrifft, verweist der Bischof auf seine Schreiben an die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Margit Hauft, vom Sommer dieses Jahres, worin es heißt: "Bekanntlich ist durch das päpstliche Lehramt mit besonders hoher theologischer Qualifikation erklärt worden, dass die Kirche von Christus her keine Vollmacht hat, Frauen zu weihen. Eine weit verbreitete gegenteilige öffentliche Meinung inner- und außerhalb der katholischen Kirche kann daran nichts ändern. Auch ein neues Konzil würde diesbezüglich die Kontinuität der Lehre nicht verändern können. Nicht nur die katholische Kirche, sondern auch die Orthodoxie und alle anderen vorreformatorischen Kirchen vertreten diese Überzeugung".

In der katholischen Kirche würden Forderungen nach einer Priesterweihe von Frauen "so gut wie nur in Mittel- und Westeuropa und in Nordamerika vertreten", so Kapellari weiter. Die anglikanische Kirche sei bekanntlich durch die Priesterweihe und neuerdings auch durch die Bischofsweihe von Frauen "in eine Spaltung geraten, die anscheinend noch voranschreitet".

Bezogen auf eine gewünschte Diakonatsweihe für Frauen betont der Bischof, "dass weder Männer noch Frauen allein auf Grund eigener Überzeugung von ihrer Berufung zu einer Weihe ein Recht auf eine solche Weihe haben können". Berufung beruhe auf "dem untrennbaren Miteinander von eigenem Wollen und freier Annahme durch die Hirten in apostolischer Sukzession". Wörtlich unterstreicht Kapellari: "Da das Zweite Vatikanische Konzil das Weihesakrament als ein einziges und mit einer dreifachen Ausfaltung in Bischofs-, Priester- und Diakonenweihe formuliert hat, glauben viele Theologen, dass eine Diakonatsweihe für Frauen nicht möglich sei, weil dann der definiert verschlossene Zuweg zum Priester- und Bischofsamt geöffnet wäre".

Generell bedauert Bischof Kapellari, dass der Blick auf bindende Elemente der Kirchenverfassung "oft durch verstehbare, aber der Einheit entgegengesetzte Gefühle verstellt wird". Wenn in einer Diözese oder auch einem ganzen Land diesbezüglich "massive Defizite beharrlich übersehen oder sogar noch vergrößert werden, dann sind die Bischöfe schwerwiegend verpflichtet, sich dem gelegen oder auch ungelegen entgegenzustellen".

Betreffend den Zölibat erinnert Bischof Kapellari an seine Worte bei der diesjährigen Pfarrerwoche der Diözese Graz-Seckau: Die Priester schuldeten einander jene Haltung, die im Titel eines Buches von Vaclav Havel mit den Worten "Versuch, in der Wahrheit zu leben" zusammengefasst sei. Die Diözese nehme sämtliche Probleme, die mit dem Zölibat zusammenhängen, sehr ernst, so Kapellari. Die Diözese übe sich "nicht im Wegschauen", sondern versuche, "irreguläre Situationen (...) offen anzusprechen und in Bewegung zu bringen, damit Entscheidungen nicht endlos aufgeschoben werden". Über allem müsse jedoch stets die Möglichkeit des Verzeihens stehen, etwa "wenn eine Rückkehr in die alte Treue nach oft langen Umwegen gelingt". Zudem sei die Treue unzähliger Priester und Ordenschristen zum gegebenen Zölibatsversprechen "ein großer geistlicher Schatz unserer Weltkirche, den wir gemeinsam mit ihr hüten und entfalten müssen, auch wenn viele Menschen inner- und außerhalb der Kirche dieses Anliegen nicht mittragen".

"Glaubenssinn der Weltkirche"

Die "Laien-Initiative" bemühe sich laut eigenem Bekunden um kirchliche Breite "und dies ist gewiss auch eine Pflicht der Bischöfe", schreibt Kapellari weiter. Es gehe aber zugleich um die "Dimension Tiefe" und um eine Balance zwischen beidem. "Was von Ihnen z.B. als starre vatikanische Religionsbürokratie bezeichnet und abqualifiziert wird, kann sehr wohl ein Widerstand sein, der sich später als prophetisch erweist", hebt der Bischof hervor. Und im übrigen seien die Schriften und Argumente von Reformgruppen wie der "Laien-Initiative" in Rom "ebenso bekannt wie die im öffentlichen Diskurs zu Wort gekommenen Gegengründe". Das gelte auch für den Apostolischen Nuntius, der "darüber hinaus keine Instanz für Maßnahmen zu einer Änderung der Kirchenverfassung ist", wie Kapellari festhält.

Der Bischof erinnert an ein Wort von Kardinal John Henry Newman, der betreffend Kriterien für die Einheit der Kirche gesagt hat: "Certe iudicat orbis". Dies bedeute sinngemäß: Der Glaubenssinn der Weltkirche mit dem Papst "ist verlässlicher als die Überzeugungen einzelner und ihrer Gemeinschaften".

Schließlich übt Kapellari in seinem Brief an Kohlmaier und Pawlowsky Kritik am Stil der Auseinandersetzungen in der Kirche: Die "Leidenschaft für als sehr dringend bewertete Ziele" mache auch "einen leidenschaftlichen Ton in der Sprache verständlich und akzeptabel", aber "einige Äußerungen aus dem Gesamtbereich der mit Ihnen verbundenen Initiativen lassen ein erwartbares Maß an Noblesse vermissen". Diese Haltung begegne den Bischöfen freilich auch von entgegen gesetzten Gruppen in der Kirche.

Die "Laien-Initiative" hat für den 20. November in Wien eine Enquete zum Thema "Kirchenreform und Menschenrechte" geplant, gemeinsam mit der Plattform "Wir sind Kirche", der "Pfarrer-Initiative" und der Gruppe "Priester ohne Amt".

Zuletzt geändert am 05­.11.2009