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Veröffentlicht am 26­.01.2018

Schulschließungen Erzbistum Hamburg

„Sind Alternativen angedacht und die Betroffenen beteiligt worden?“

Wir sind Kirche zur angekündigten Schließung von katholischen Schulen im Erzbistum Hamburg

Pressemitteilung München/Hamburg , 26. Januar 2018
mit Kommentar zur freien Verwendung

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche hält die Ankündigung der Schließung von bis zu acht katholischen Schulen im Erzbistum Hamburg wie auch das Kommunikationsverhalten des Erzbistums für äußerst problematisch. Wenn sich die römisch-katholische Kirche mit dieser Entscheidung schrittweise aus dem Bildungsbereich zurückzieht, widerspricht dies auch dem christlichen Auftrag. Die Kirche wird dadurch auch noch mehr den ohnehin schon geringen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen verlieren. Der Rückzug aus dem Schulbereich schadet auch der Vielfalt im deutschen Schulsystem.

Natürlich kann auch die Kirche nicht die Augen vor den finanziellen Realitäten verschließen und natürlich kann und muss sich die Kirchenleitung auch den Rat von Experten wie z.B. von Wirtschaftsprüfern holen. Deren Kriterien dürfen aber nicht die einzigen Entscheidungsgrundlagen bilden. Wenn sich solche einschneidenden Sparmaßnahmen wirklich als notwendig erweisen sollten, so bedarf es auf jeden Fall der rechtzeitigen Information und Beteiligung der direkt Betroffenen wie auch der diözesanen Laiengremien. Wenn dies nicht geschieht, so ist zu befürchten ist, dass noch mehr Menschen dies zum Anlass nehmen könnten, aus der Kirchensteuergemeinschaft auszutreten.

Deshalb ist auch angesichts der derzeit noch sprudelnden Kirchensteuermaßnahmen zu fragen: Sind überhaupt Alternativen angedacht und entwickelt worden? Hat sich die Kirche mit der Senatsverwaltung oder auch mit anderen Schulträgern um mögliche andere Finanzierungswege bemüht? Könnten diese Schule zum Beispiel als christliche Schulen fortgeführt werden?

Wenn im Hinblick auf die Zukunft Einsparungen des Erzbistums sich als unbedingt notwendig erweisen sollten: Hat das Erzbistum ein finanzielles Gesamtkonzept entwickelt und geprüft? Gibt es keine Alternativen, an anderer Stelle zu sparen? Es reicht nicht aus, jetzt nur auf Versäumnisse in der Vergangenheit zu verweisen. Auch hierbei stellt sich wieder die Frage nach der Mitwirkung des Kirchenvolkes.

Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche sieht, wie auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken, die dringende Notwendigkeit einer grundlegenden Debatte über Transparenz und Partizipation bei der Verteilung der Kirchenfinanzen in Deutschland. Außerdem hat die Öffentlichkeit ein Recht auf transparente Informationen, denn schließlich werden viele kirchliche Einrichtungen vom Staat zum Teil mit bis zu 100 Prozent finanziert.

Nach dem Finanzskandal im Bistum Limburg hatten die deutschen Bistümer zugesagt, sich um mehr finanzielle Transparenz zu bemühen. Dies muss nicht nur die Kirchensteuern, sondern z.B. auch die versteckten Haushalte der bischöflichen Stühle und der Domkapitel wie auch die staatlichen Zuschüsse und Staatsdotationen umfassen. Bis jetzt lässt die Transparenz des Finanzgebarens in vielen deutschen Bistümern allerdings immer noch sehr zu wünschen übrig.

Pressekontakt Wir sind Kirche-Bundesteam:
Magnus Lux, Tel: 0176-41 70 77 25, E-Mail: lux@wir-sind-kirche.de
Christian Weisner, Tel: 0172-518 40 82, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

Pressekontakt Wir sind Kirche im Erzbistum Hamburg:
Thomas Kaufhold, Tel: 0176 5325 7002, E-Mail: kaufhold@wir-sind-kirche.de

 

Hintergrund:

  • Deutsche Bischofskonferenz „Sieben Thesen zum Selbstverständnis und Auftrag Katholischer Schulen“ (25.4.2016) > PDF  
  • Erzbistum Hamburg: Einschnitte zur Sicherung des Schulsystems > Link 
  • Klarstellung des Erzbistums Hamburg > Link  
  • Tomas Spahn:Franziskus und die Kirche der Reichen – Katholischer Kahlschlag in Hamburg > Link  
  • Wir sind Kirche: Partizipation auch bei den Finanzen! (Oktober 2017) > Link   
  • neu
    Gründungsaufruf einer Hamburger Schulgenossenschaft von Prof. Dr. Dr. Christian Bernzen, Dr. Nikolas Hill, Martin Helfrich, Ida-Maria Schütt, Franziska Hoppermann www.hamburger-schulgenossenschaft.de

Aktuelles Presse-Echo:

 

 

 

 


Kommentar zur freien Verwendung

Streichkonzert mit Misstönen in Hamburg

von Günther Doliwa, Wir sind Kirche-Bundesteam

Streichkonzert in Hamburg. Nicht in der Elphi. Ausverkauf, nicht Ausverkauft! Diesmal veranstaltet die Erzdiözese ein Event, das Schlagzeilen macht. Erzbischof Dr. Stefan Heße, seit März 2015 im Amt mit dem Wappenspruch: „Bei Gott ist alles möglich“, vertraut anscheinend doch lieber einer Beraterfirma (Ernst&Young), die ihm den Ruin vorrechnet: 80 Millionen Schulden heuer. Gegen-Strategie, in 99 Tagen entworfen, sieht Radikalmaßnahmen vor: Investitionen stoppen; alle Entscheidungen dem Generalvikar unterstellen; Schulen schließen, 8 von 21, die in kirchlicher Trägerschaft sind. Kürzlich rühmte sich noch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken der vielseitigen kulturellen Kulturträgerschaft der Kirche.

Heute reibt man sich die Augen. 2015 rechnete man in Hamburg noch mit einem Vermögen des Erzbistums von über 260 Millionen. Die 17 deutschen Diözesen liegen als Großkapitalisten bei insgesamt 200 Milliarden (!) Gesamtvermögen, mit über 8000 Quadratkilometern Grundeigentum an der Spitze der Eigentümer in Deutschland. Und da sollte kein überdiözesaner Finanzausgleich für Hamburg möglich sein? Von den 6 Milliarden Kirchensteuern 2017 müssten sich doch 100 Millionen für Hamburg abzweigen lassen. Plötzlich überraschen Krisenhaushaltszahlen. Generalvikar Ansgar Thim rechtfertigt als braver Verwalter das Streichkonzert. Betroffene Schulen samt Eltern schreien auf. Ist der Kahlschlag in Hamburg nötig? Stimmen die Bestandsaufnahmen überhaupt? Ist der Bischof falsch beraten?

Wieder offenbart sich ein fragwürdiges Kirchenverständnis, wenn von oben herab über die Köpfe des Kirchenvolks entschieden wird. Die Rolle des Bischofs als Gesetzgeber und Exekutive in einem wird fraglich. Die Informationspolitik ist ein Desaster. Am 17.1.2018 werden die Schulleiter informiert; am 18.1. dann Lehrkräfte und Schülerschaft. Informiert, nicht befragt. Spontaner Protest wird aus der Domkirche verwiesen. Schülervertreter machen Werte geltend, nach denen sie erzogen werden. Nun schlägt Rentabilität plötzlich Solidarität. Externer Sachverstand übergeht internen Sach- und Herzverstand. Ist die Kirche ihres Sendungsauftrags überdrüssig?

 

 

 

 

 

 

 

 

Zuletzt geändert am 04­.02.2018