Ulrich Harbecke
Marienlied
die mich mit ihrem Spleen
hoch über’m „Paradiese
als Morgenröte“ sehn.
Ich bin auch nicht zu schauen
als „schönste aller Frauen“.
Das muss ich euch gestehn.
Ich war ein einfach Mädchen,
erschrocken und verwirrt,
als Gott in unserm Städtchen
mich wundersam berührt.
Dann folgten Müh’ und Plagen
mit Zittern und mit Zagen.
Ihr sollt das respektiern.
Wir waren kleine Leute,
groß war nur Gott allein.
Was ihr aus mir macht heute,
ist kitschig bunter Schein.
Wollt ihr mich wirklich schauen,
sucht abgehärmte Frauen.
Die sind nicht schön und fein.
Sie haben oft geboren
ihr Kind in Angst und Not
und es dann noch verloren
in einen Kreuzestod.
Ich kann euch nur erscheinen
im Elend und im Kleinen
und von Gewalt bedroht.
Ach, wisst ihr, die Metaphern,
mit denen ihr mich quält,
die überlasst den Gaffern
und Herrschern dieser Welt.
Verblas’ne Dichterschwüle
und kitschige Gefühle
sind nicht, was mir gefällt.
Die „Rosen“ und die „Lilien“,
das ist nur frommer Tratsch.
Und das mit den Konzilien
war Theologenquatsch.
Ihr könnt mich da nicht meinen
und wollt nur Gott verkleinen,
bis er euch endlich passt.
Doch hab ich was zu sagen.
Das braucht noch immer Mut.
Aus jenen schweren Tagen
Tut es noch immer gut.
Hört meines Sohnes Worte.
Sie sind des Lebens Pforte.
Was er euch sagt, das tut!
Zuletzt geändert am 14.06.2007