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Veröffentlicht am 18­.06.2010

18.6.2010 - tagesschau.de / 19.6.2010 - Radio Vatikan

Vatikan rehabilitiert Skandal-Priester (früher Erzbischof von Posen, Juliusz Paetz)

Vor acht Jahren musste der damalige Erzbischof von Posen, Juliusz Paetz, zurücktreten. Ihm war vorgeworfen worden, jahrelang Priester und Seminaristen sexuell missbraucht zu haben. Nun hat der Vatikan Paetz begnadigt - ohne Angabe von Gründen. Polens Öffentlichkeit und auch die Kirche reagieren empört.

Von Ludger Kazmierczak, ARD-Hörfunkstudio Warschau

Die Begnadigung des "Skandal-Bischofs" Juliusz Paetz verdrängt sogar die bevorstehende Präsidentenwahl von den Titelseiten der polnischen Tageszeitungen. "Entweder Paetz oder ich" zitiert die liberale "Gazeta Wyborcza" den Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki, der aus Protest gegen die Entscheidung des Vatikan seinen Rücktritt eingereicht haben soll.

Auch der Publizist Tomasz Terlikowski schüttelt mit dem Kopf über die Rehabilitierung eines Mannes, der wegen der sexuellen Belästigung angehender Priester und Kapläne 2002 als Bischof zurücktreten musste: Die Entscheidung trage nur dazu bei, alle Worte, Gesten und Aktivitäten von Benedikt XVI. nach den Pädophilie-Skandalen bloßzustellen. "Denn einerseits fallen im Vatikan Worte der Entschuldigung, gleichzeitig aber verabschieden hochrangige Mitarbeiter der Kurie solche Dekrete. Wenn jemand den Papst kompromittieren wollte, dann ist es ihm leider zu einem gewissen Grad gelungen."

Verlust aller Ämter aufgehoben

Paetz war vor acht Jahren suspendiert worden, weil sich schwerwiegende Vorwürfe gegen ihn bestätigt hatten. Studenten des Priesterseminars in Posen hatten damals angegeben, der Bischof habe sie unsittlich berührt, zweideutige Küsse verteilt und anzügliche Bemerkungen gemacht. Paetz verlor nicht nur sein Bischofsamt, sondern auch die Befugnis, Priester zu weihen und die kirchlichen Sakramente zu spenden.

Nach dem jüngsten Beschluss des Vatikan darf der heute 75-Jährige diese Aufgaben wieder ausüben. Ein Skandal, meint der Journalist und Theologie-Experte Marek Zajac. Er fordert: "Wenn der Vatikan Erzbischof Paetz rehabilitieren will, dann soll er Schwarz auf Weiß belegen, dass die damaligen Vorwürfe gegen ihn unbegründet waren. Wenn der Vatikan das nicht tut, wäre das empörend."

Motive bleiben rätselhaft

Warum der Heilige Stuhl die Verbote aufgehoben und Paetz rehabilitiert hat, bleibt vorerst ein Rätsel. "Die Entscheidung sei jedenfalls erstaunlich", schreibt die "Gazeta Wyborcza" in einem Kommentar. "Heute entschuldigt sich Benedikt XVI. für den Missbrauch in der katholischen Kirche", so der Kommentator, "gleichzeitig aber läßt er zu, dass das Ansehen der Kirche weiter beschmutzt wird".

Tomasz Terlikowski geht noch einen Schritt weiter und verweist auf die Phädophilie-Skandale in anderen Ländern: "Wenn jemand will, dass die Kirche in Polen den gleichen Weg einschlägt wie die Kirchen in Irland, Spanien oder Holland, dann ist er auf dem besten Weg, dieses Projekt zu realisieren."







19.6.2010 - Radio Vatikan

Polen: Bischof nicht rehabilitiert


Es herrscht Verwirrung in Polen um die angebliche Rehabilitierung eines Bischofs. Juliusz Paetz war 2002 als Bischof von Poznan abgelöst worden, weil gegen ihn Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs vorgebracht wurden. Papst Johannes Paul II. nannte bei der Absetzung von Paetz keine Gründe. Paetz wurde aber nicht nur als Bischof abgesetzt, sondern darf auch keine öffentlichen Messen oder andere Sakramente mehr feiern.

Mehrere polnische Medien meldeten an diesem Freitag unter Berufung auf anonyme Kirchenkreise, die vatikanische Bischofskongregation habe gegen den früheren Erzbischof verhängte Verbote priesterlichen Wirkens nun aufgehoben. Noch mehr Verwirrung gab es, als berichtet wurde, der Nachfolger von Paetz, Stanislaw Gadecki, habe daraufhin aus Protest seinen Rücktritt eingereicht. Letzteres wurde bereits an diesem Freitag vom Bistum Poznan als falsch zurückgewiesen.

Auf Nachfrage stellte der Pressesprecher des Vatikans, Jesuitenpater Federico Lombardi, nun gegenüber Radio Vatikan klar, dass es unbegründet sei, im Fall von Bischof Juliusz Paetz von ‚Rehabilitierung’ zu sprechen. Es sei ausschließlich um das Feiern von Messen durch den ehemaligen Erzbischof gegangen, und für diese gelte es nach wie vor, dass er zuvor das Einverständnis des zuständigen Bischofs einholen muss. Die Einschränkungen, die Paetz 2002 auferlegt wurden, gelten also unverändert.

(rv/diverse 19.6.2010 ord)

Zuletzt geändert am 26­.06.2010