| |
Veröffentlicht am 01­.08.2014

August 2014 - Kirche In (Kolumne „Unzensiert“)

Fortschritt mit dem Heiligen Geist

Die Umfrage zur Familien-Synode hat die Bischofskonferenzen in aller Welt kalt erwischt, auch die deutsche. Die Kirchenbasis einbeziehen, wie sich das Rom wünscht? Aber die Debatte war eröffnet. Und es war mutig, dass die Deutsche Bischofskonferenz dann ihren 1000-seitigen Bericht an Rom auch veröffentlichte.

Nun liegt das „Instrumentum laboris“ mit den Rückmeldungen aus aller Welt vor. Bei aller Kritik, was hier noch fehlt und da noch unklar bleibt: Das Papier aus Rom ist eine erstaunlich schnörkellose Bilanz dessen, wo heute die Hoffnungen, aber auch die großen Herausforderungen im Zusammenleben von Familien wirklich liegen. Die Kluft zwischen kirchlichem Anspruch, Glaubenssinn des Gottesvolkes und verschiedenen Lebenswirklichkeiten ist groß. Aber das Wahrnehmen dieser Kluft ist nicht Relativierung, sondern notwendiger Realitätssinn.

Die Eröffnung der weltweiten Debatte durch Franziskus birgt ein großes Risiko. Schon der vorsichtige Vortrag über Barmherzigkeit, den Kardinal Kasper vor dem Kardinalskonsistorium hielt, zeigte, wie groß die Beharrungskräfte in der Kirchenhierarchie sind. Die Angst geht um, dass, wenn erstmal ein Stein der starren Kirchengebote gelockert wird, das ganze rechtliche Kirchengebäude wankt und einstürzt. Zwei Tage vor der Veröffentlichung des „Instrumentum laboris“ ließ die Internationale Theologenkommission, die die Glaubenskongregation berät, verlauten: Die Glaubenspraxis der Mehrheit kann nicht ausschlaggebend sein.

Andererseits bieten die beiden kommenden Synoden in Rom aber die einmalige Chance, dass unsere Kirche sich endlich wieder im Dialog einübt, dem Reformprinzip des Zweiten Vatikanums. Denn, so heißt es im „Instrumentum laboris“, die „apostolische Überlieferung“ kennt „einen Fortschritt unter dem Beistand des Heiligen Geistes“. Es kann und darf also nicht darum gehen, die bisherige Lehre nur anders verkünden zu wollen. Vielmehr ist die Synode dazu aufgerufen, „über den Weg nachzudenken, den es zu gehen gilt, wenn … auf vielfache Herausforderungen geantwortet werden soll.“ Damit dies gelingen kann, müssen Bischöfe, Theologie und Kirchenvolk jetzt konkrete Reformvorschläge mutig zur Sprache bringen.

Christian Weisner
Wir sind Kirche Deutschland
www.wir-sind-kirche.de

Zuletzt geändert am 21­.07.2014