| |
Veröffentlicht am 27­.06.2008

27.6.2008 - Publik-Forum

Der Hillary-Effekt

In der römischen Kirche dauert es wahrscheinlich noch ewig, bis das Patriarchat fällt. So lange warten manche Frauen nicht

Von Britta Baas

Die einen treten aus, die anderen treten auf: Wie viele Frauen - und Männer - die römisch-katholische Kirche der Frauenfrage wegen schon verlassen haben, lässt sich nicht sagen. Wer austritt, muss das nicht detailliert begründen. Wer bleibt, muss das irgendwie schon. Jedenfalls gewinnt diesen Eindruck, wer an die Millionen von Unterschriften für die Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche denkt, die die Kirchenvolksbegehrer in den 1990er-Jahren sammelten. In der Kirche zu bleiben erlaubt sich manch einer offenbar nur mit zum Protest erhobener Stimme. Pflichtzölibat und die Ablehnung von Frauen-Power im kirchlichen Amt sind öffentlich artikulierte Ärgernisse.

Manchen hat der Protest nicht gereicht. Sie sind im 21. Jahrhundert einen anderen Weg gegangen: nämlich den der Amtsanmaßung - sozusagen. Jedenfalls sieht es so der Vatikan. Frauen aus vielen Ländern der Erde haben sich mittlerweile »contra legem« zu Priesterinnen und Bischöfinnen weihen lassen. Sie waren es leid, immer nur zu fordern, was ihnen aus ihrer Sicht theologisch begründet gar nicht verwehrt werden kann: das kirchliche Amt an sich. Nicht das Mannsein befähige zum Priesterberuf, sondern die Taufe, die Berufung und die theologische Kompetenz, argumentieren sie auf der Basis biblischer Befunde.

Protestantische Kirchen weltweit sind schon etwas länger dieser Auffassung und ordinieren deshalb auch Frauen. Was indes die römische Kirche nicht anficht. Und so erleben die gesetzeswidrig geweihten Frauen weltweit den Hillary-Clinton-Effekt: Sie werden in ihrem Wahlkampf für ein Menschenrecht doppelt behindert. Zum einen von machthabenden Männern. Zum anderen von Frauen, die ihnen die Unterstützung verweigern. Die Solidarität der Schwestern ist eine Lüge des Feminismus. Für diejenigen, die gegen die Regeln der römischen Kirche verstoßen, um Freiheit möglich zu machen, ist das tragisch. Denn ihnen fehlt die Mehrheit.

Und wie kriegt frau die hinter sich? Das ist wohl vorerst nicht möglich. Möglich ist es aber, mit einer Minderheit so viel Wirbel zu machen, dass das Demokratie-Defizit der römischen Kirche öffentlich debattiert wird. Genau das schafft die weltweit vernetzte Weihe-Bewegung mittlerweile in den USA und Kanada. In beiden Ländern zusammen gibt es über 50 geweihte Frauen, Dutzende Kandidatinnen und medienwirksame Initiativen wie die Women's Ordination Conference (WOC), die sich mit jungen Managerinnen, Wissenschaftlerinnen und erfahrenen Kämpferinnen schmückt. In Europa ist die Bewegung zahlenmäßig kleiner - aber von hier ging sie aus. Weltweit sind rund 80 Frauen in Ausbildungsprogrammen zur Priesterin. »Katholische Frauen werden sich weiter einen Weg freischlagen, wo keiner ist«, trotzte jüngst die 26-jährige Aisha Taylor, geschäftsführende Direktorin der WOC, dem römischen Mauerbau.

Auftreten statt Austreten: Das ist nicht nur die Devise der Kirchenvolksbewegung, sondern auch die der »Contra-legem«-Bewegung. Keine der Frauen trat mit dem Ziel an, aus der Kirche auszutreten. Die Kirche hat sich ihrer durch Exkommunikation entledigt. Das glaubt sie jedenfalls. Aber da irrt sich Mutter Kirche: Diese Frauen wird man nicht los. So wie Hillary nicht verschwindet, Power bleibt Power. Auch auf Katholisch.

Zuletzt geändert am 20­.07.2008