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Veröffentlicht am 12­.02.2008

12.2.2008 - Volksstimme

Wer wird die neue Nummer 1?

Katholische Bischöfe bestimmen Vorsitzenden / Wahl zwischen Robert Zollitsch oder Reinhard Marx

Von Matthias Hoenig

Wenn alles nach Plan läuft, wird die katholische Kirche in Deutschland heute eine neue Nummer eins haben. Nach fast 21 Jahren musste der bisherige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, wegen lebensgefährlicher Herzrhythmusstörungen den Rücktritt ankündigen – " es war ein nicht zu übersehender, Schuss vor den Bug ‘ ", sagte der 71-J ährige der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Wen die Bischöfe auf ihrer Frühjahrsvollversammlung im Kloster Himmelspforten in Würzburg hinter verschlossenen Türen zum neuen Repräsentanten von mehr als 25 Millionen deutschen Katholiken wählen werden, scheint völlig offen – obwohl nur zwei Namen im Gespräch sind : der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch ( 69 ) und sein Münchner Kollege Reinhard Marx ( 54 ).

Gäbe es eine Stellenanzeige, so würde Folgendes verlangt : Gesucht wird ein Mann Gottes, der die Kirche in den Medien und der breiten Öffentlichkeit glaubwürdig und sympathisch vertritt. Er sollte ein politischer Kopf, auch ein Strippenzieher sein, einer der Gehör fi ndet bei den Parteien in Berlin und kirchliche Positionen etwa in der Familienpolitik oder Bioethik durchzusetzen weiß. Als zuweilen gewiefter Diplomat, der auch mit Rom umgehen kann, sichert er den deutschen Katholiken so manche Spielräume. Für die Ökumene mit den Protestanten und den Dialog mit dem Islam bringt er theologische Kompetenz mit. Dank seiner natürlichen Autorität und seines ehrlichen Charakters wird er von den Amtsbrüdern zudem als Moderator geschätzt.

" Lehmann hat hier sehr hohe Maßstäbe gesetzt ", sagt Theodor Bolzenius, Sprecher des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ( ZdK ), Dachverband der katholischen Verbände. Reformkräfte wie die Laienbewegung " Wir sind Kirche ", Politiker aller Couleur, aber auch Protestanten und Juden haben Lehmann ebenfalls in den höchsten Tönen gelobt – für seine Redlichkeit, intellektuelle Brillanz und Vermittlungsfähigkeit.

Egal, ob Zollitsch oder Marx gewählt wird, einen grundlegenden Richtungswechsel der Bischofskonferenz erwartet niemand. Jeder der beiden hat Vorund Nachteile. " Für Marx spricht, dass er ehrgeizig ist, volksnah, Zugang zur Öffentlichkeit hat, schnell formulieren kann und eine sympathische Ausstrahlung hat ", sagt Ulrich Ruh, Chefredakteur der Fachzeitschrift " Herderkorrespondenz " in Freiburg.

Bleibt die Frage, welche Kriterien für die 69 wahlberechtigten Bischöfe und Weihbischöfe in Würzburg am Ende entscheidend sind. " Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz ist nicht der " Papst in Deutschland ", aber er ist auch nicht der verlängerte Arm des Papstes in Deutschland ", warnt der " Wir sind Kirche " -Sprecher Christian Weisner vor einer einseitigen Rom-H örigkeit. Er hofft auf einen Vorsitzenden, der die ganze Breite des katholischen Spektrums im Lande vertritt und zum Dialog mit Reformern bereit ist. ( dpa )

Zuletzt geändert am 13­.02.2008