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Veröffentlicht am 01­.04.2007

1.4.2007 an die Kirchenzeitung im Bistum Münster

Zum nachsynodalen Schreiben Papst Benedikts XVI. über die Eucharistie

Dokumentation in den Ausgaben vom 25. März und 1. April

Grenzen überschreitende Liebe

Das päpstliche Schreiben enthält großartige Gedanken, von denen ich besonders einen hervorheben möchte: Aus dem eucharistischen Opfer Christi folgert Papst Benedikt einen Aufruf an alle Gläubigen, Stifter von Frieden und Gerechtigkeit zu sein. Doch die Lektüre der ausgewählten Passagen hinterlässt auch Fragen: Wenn das eucharistische Opfer ein „Mysterium der Befreiung“ ist, müsste seine Wirkung nicht auch vor allem Befreiung der Menschen sein? Auf diese befreiende Erfahrung warten noch heute viele in der Kirche, z.B. Homosexuelle. Ebenso wichtig wie die würdige und schöne Gestalt der Liturgie ist m.E. die Glaubwürdigkeit, mit der die Kirche ihre Zuwendung zu den Ausgegrenzten und Unterdrückten lebt.

Auch die wieder verheirateten Geschiedenen brauchen eine solche befreiende Erfahrung, indem sie in der Eucharistiefeier willkommen geheißen werden. Freilich sehnt sich jede wahre Liebe nach Unauflöslichkeit, wie Papst Benedikt schreibt. Doch nicht jede Sehnsucht wird auf Erden erfüllt und das Scheitern gehört zum menschlichen Leben. Wenn die Eucharistie wirklich „die Unwiderruflichkeit der Liebe Gottes in Christus“ ausdrückt, muss dann nicht diese Unwiderruflichkeit auch für Menschen gelten, die in einer neuen Beziehung Liebe und Heil suchen? Und drückt sich diese Unwiderruflichkeit nicht auch darin aus, dass sich die beiden Partner von Jesus Christus an den Tisch der Gemeinschaft gerufen wissen?

Papst Benedikt betont den Zusammenhang von kirchlicher Communio und eucharistischer Communio, um den Ausschluss nicht katholischer Christen von der Kommunion in der katholischen Messfeier zu begründen. Nach meinem Verständnis hingegen geht die kirchliche Communio über die Grenzen der Konfession hinaus. Gibt es nicht viele Familien und ökumenische Gruppen, deren Gemeinschaft im Glauben und Handeln so groß ist, dass sie auch gemeinsam an den Tisch des Herrn treten dürften? Jesus selbst ist der Einladende, keine kirchliche Instanz!

Ich bin überzeugt, dass „sonntäglich leben“ immer heißt: einschließen, nicht ausschließen, schenken, nicht verweigern. Die Eucharistie ist das Sakrament der Liebe und Liebe hat die Kraft, von Menschen gesetzte Grenzen zu überschreiten.

Veronika Hüning, Gescher

Zuletzt geändert am 02­.04.2007