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Veröffentlicht am 22­.03.2007

22.3.2007 - Sächsische Zeitung

"Es darf keine Christen zweiter Klasse geben"

Christian Weisner von der "KirchenVolksBewegung" mahnt kurz vor dem Bundestreffen der Initiative in Dresden weitere Reformen an.

Herr Weisner, wieviel Bewegung steckt noch in der Kirchenvolks-Bewegung? Und wieviel Bewegung braucht die katholische Kirche in Deutschland, um sich zu verändern?
Wenn wir in der römisch-katholischen Kirche mit ihrer 2000-jährigen Geschichte etwas bewegen wollen, dann braucht man wirklich einen langen Atem. Gut 40 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind viele Ideen dieses Reformkonzils noch nicht umgesetzt. Deshalb ist das Engagement des Kirchenvolkes weiterhin so wichtig.

Wo sind für Sie denn die größten Baustellen der innerkirchlichen Reformarbeit?
Wir setzen uns für mehr Mitbestimmung innerhalb der Kirche ein. Vor allem wollen wir die Rolle der Frauen und aller Laien stärken. Denn es darf keine Christinnen und Christen zweiter Klasse geben.

Was muss sich denn konkret verändern?
Wenn Papst und Bischöfe gute Hirten sein wollen, sollten sie viel mehr auf das Evangelium und auch auf das Kirchenvolk hören. In den Anfängen der Kirche konnte nur der Bischof werden, der auch vom Kirchenvolk gewählt wurde. Doch jetzt ernennt allein der Papst die Bischöfe. Und dass nur Männer den Gottesdienst leiten können, ist biblisch schlichtweg nicht begründbar. Auch Frauen müssen Zugang zum Priesteramt erhalten.

Diese Forderungen sind nicht neu. Wie lang muss ihr Atem denn noch reichen, bis sich etwas ändert?
Wir haben doch schon viel erreicht. Das Kirchenvolksbegehren, in dem unsere Vorschläge vor mittlerweile 12 Jahren zusammengefasst wurden, haben damals allein in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen unterschrieben. Daraus ist die weltweite Kirchenvolks-Bewegung gewachsen. Viele unserer Forderungen werden auch vom höchsten Laien-Gremium, dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken, und von der großen Mehrheit der Katholiken unterstützt, wie Umfragen immer wieder zeigen. Sogar einzelne Bischöfe denken zum Beispiel über die Aufhebung des Pflichtzölibats nach. Im Augenblick haben wir in der katholischen Kirche aber ein Klima, in dem nur wenige sich trauen, das auch auszusprechen.

Warum?
Teilweise herrscht da ein Klima der Angst wie etwa in der früheren DDR, wo Spitzelei und Denunziantentum gefragt waren und belohnt wurden.

Hat der deutsche Papst der von Laien getragenen Reformbewegung in der deutschen Kirche genützt oder geschadet?
Die Wahl von Joseph Ratzinger hat bei den Deutschen sicher das Interesse für die katholische Kirche und auch für die Positionen Roms gestärkt. Nach seiner Wahl schien Ratzinger plötzlich der milde lächelnde Papst zu sein. Wenn man aber jetzt beispielsweise die Abstrafung des Befreiungstheologen Sobrino anschaut, dann merkt man, dass Ratzinger der alte geblieben ist. Er setzt weiterhin das um, was er mehr als 23 Jahre lang als Hüter der Glaubenslehre vertreten hat.

Die Kirchenvolks-Bewegung trifft sich diesmal in Dresden. Hier sind Christen ganz klar in der Minderheit...
Die Situation in den neuen Ländern ist gewissermaßen der Ernstfall des Christentums. Aufgabe der Kirche ist es auch hier, die Zeichen der Zeit zu erkennen. In der Gesellschaft darf sich nicht alles nur um Gewinn und Profit drehen. Es geht darum, Solidarität zu zeigen mit dem Mitmenschen, ob durch Schwangerschaftsberatung, Telefonseelsorge, Hospizdienst und viele Angebote mehr. Eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts, hat der französische Bischof Gaillot einmal gesagt. Unsere Aufgabe ist es, allen Menschen gegenüber Nächstenliebe zu praktizieren.

Zuletzt geändert am 26­.03.2007