Entscheidung Erzbistum Köln
„Erneut problematische Entscheidung aus Rom zum falschen Zeitpunkt“
Wir sind Kirche zur Entscheidung des Papstes bezüglich Kardinal Woelki und des Erzbistums Köln
Pressemitteilung München, Köln, Rom 24. September 2021
Die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche sieht die große Gefahr, dass die heute bekannt gegebene Entscheidung des Vatikans nicht zur Lösung der komplexen Kölner Konfliktlage beiträgt, sondern ganz im Gegenteil zu einer Verschärfung und weiteren Verlängerung führt. Mit dieser römischen Entscheidung wird der dringend notwendige Versöhnungs- und Erneuerungsprozess verhindert.
Vor allem bei den von sexualisierter Gewalt Betroffenen, aber auch bei den Gläubigen im Erzbistum und in ganz Deutschland ist die Enttäuschung über diese unklare und damit höchst problematische Entscheidung sehr groß. Dies alles schadet auch dem Ansehen von Franziskus, denn alle Entscheidungen werden von ihm oder zumindest in seinem Namen getroffen.
Die Erwartung auf die Entscheidung hat die gestern zu Ende gegangene Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz belastet; die heute bekannt gegebene Entscheidung belastet auch den Synodalen Weg, dessen 2. Synodalversammlung in der kommenden Woche beginnt, wenn Woelki noch nicht in Auszeit ist und auftreten kann. An der Arbeit im Synodalforum „Priesterliche Existenz heute“, dem er angehört, hat er sich bislang allerdings nicht beteiligt.
Die irritierende Hängepartie geht weiter. Die Bischofskrise ist verschoben, nicht gelöst. Kardinal Woelki bleibt ein Bischof ohne Bistum, was er de facto schon länger war, nun auch offiziell. Weihbischof Ansgar Puff, der zuvor schon den Synodalen Weg kritisiert hatte, ist ohne Auflagen wieder im Amt. Weihbischof Dominikus Schwaderlapp, der das Synodalforum "Leben in gelingenden Beziehungen" verlassen hatte, geht für ein Jahr nach Kenia, was neue Karrierechancen bedeuten kann. Unklar ist, wie es dem jetzigen Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser als Apostolischer Administrator sede plena gelingen kann, „die ordnungsgemäße Verwaltung sicher[zu]stellen und vor allem Sorge dafür [zu] tragen, dass das Erzbistum seinerseits in einen geistlichen Prozess der Versöhnung findet.“
Die problematischen Entscheidungen bezüglich des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße, dessen Rücktrittsangebot kurz vor der Bischofsversammlung ohne weitere Auflagen abgelehnt wurde, und jetzt bezüglich Köln zeigen: Wir erleben einen Richtungskampf über Theologie, Reformen und Kirchenbilder, der von und über Personen, in diesem Fall Bischöfe, ausgetragen wird.
Damit zeigt sich auch das grundsätzliche Problem der Bestellung und des Amtsverständnisses der Bischöfe in der römisch-katholischen Kirche: keine ausreichende Konsultation vor der Wahl, keine zeitliche Begrenzung wie z.B. bei Leitungsämtern in den Orden, keine Teilung der legislativen, exekutiven und judikativen Macht, keine Rechtfertigungspflicht gegenüber dem Kirchenvolk.
Pressekontakt Wir sind Kirche:
Stefan Herbst (Erzdiözese Köln): Tel. 0228-330269, E-Mail: stefanherbst100@gmail.com
Christian Weisner (Bundesteam): Tel. 0172 518 40 82, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de
Entscheidung von Papst Franziskus zur Situation imErzbistum Köln
> Wortlaut der Erklärung aus Rom (24.9.2021)
„Eine Auszeit ist nicht genug“ – ZdK kritisiert, dass Kardinal Woelki im Amt bleiben soll
> Pressemiteilung ZdK 24.9.2021
Bischof Bätzing zur Situation im Erzbistum Köln
> Pressemitteilung DBK 24.9.2021
Wenn der Papst einen Bischof nimmt, indem er ihn im Amt belässt.
Erzbischof Woelki hat gemäß dem Heiligen Augustinus schon längst sein Amt als Erzbischof von Köln verloren. Der Heilige Augustinus schreibt - es gäbe keine "schlechten Bischöfe" - denn diese haben sofern sie schlecht sind, ihr Amt verloren.
Das ist die Situation in der Erzdiözese Köln. Der Papst belässt den Erzbischof im Amt - er nimmt damit den Kölner Katholiken das Recht auf einen wahren Hirten, der das Hirtenamt verdient hat. Er beraubt Sie Ihres Bischofs indem er den vergangenen im Amt belässt....
Autorität kann sich rein auf Macht stützen. Wahre Autorität - die Hirtenautorität zeigt sich im Handeln, im glaubenden Handeln. Diese Hirtenautorität hat Woelki in den letzten beiden Jahren völlig verspielt. Er kann nicht mehr Erzbischof von Köln sein.
Die vielleicht "salomonisch" zu nennende Entscheidung des Papstes (in der Hoffnung, dass Woelki in seiner Auszeit zur Einsicht wie die wahre Mutter des Kindes im salomonischen Streit kommt) zeigt aber auch auf, dass es struktureller Mechanismen bedarf, in der auch eine Bestätigung oder Abberufung eines Bischofs im Rahmen einer Diözese möglich ist. Es ist an die Möglichkeit der Einführung (ähnlich nicht gleich) zu einem Verfahren, das dern in der Politik gekannten "Misstrauensantrag" entspricht, zu denken. Dieses würde (meinetwegen auch mit Zustimmung aus Rom) eingeleitet werden können - ein Bischof, der sich vor den Vertretern des Volkes Gottes zu verantworten hat. Die Zeit ist reif - wahre, gläubige Volkskirche ist auch durch die neuen Medien möglich. Wagen wir uns auf diesen Weg ohne dass dadurch die geistliche Dimension der Kirche verraten wird.
Es gilt die Intention des 2 Vatikanums -das auf eine neue Volk-Gottes Theologie setzte - Zug um Zug umzusetzen. Das Drama bzw. die Tragödie um Erzbischof Woelki zeigen, dass in der Kurie und auch von den beiden Vorgängerpäpsten von Papst Franziskus immense, jahrzehntelange Versäumnisse bei der Umsetzung des 2. Vatikanischen Konzils gemacht wurden. Die Kirche "stinkt vom Kopf" her. Ermutigen wir den Nachfolger Petrus' dazu, dies einzusehen. Bischöfe können und dürfen nicht jahre- oder gar jahrzehntelang gegen das Volk Gottes ins Amt eingesetzt oder im Amt belassen werden.
Stefan Herbst, Bonn, 24.9.2021
Zuletzt geändert am 26.09.2021