17. März 2003

Erkennen Katholiken und Protestanten ihr Abendmahl bald gegenseitig an?

Auch ZdK-Präsident Meyer wünscht sich „eucharistische Gastfreundschaft

 

Berlin (idea) - Gibt es bald ein gemeinsames Abendmahl von Protestanten und Katholiken? Diese Frage stand im Zentrum einer Diskussionsrunde zur „Zukunft der Ökumene“ während der Delegiertenversammlung der katholischen Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche“ am 15. März in Berlin. „Wir sind Kirche“ plant zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Prenzlauer Berg/Nord und der ökumenischen Initiative „Kirche von unten“ am Rande des Ökumenischen Kirchentags vom 28. Mai bis 1. Juni in Berlin mehrere Gottesdienste, an deren Ende ein evangelisches Abendmahl oder eine katholische Eucharistiefeier steht. Auch Christen der jeweils anderen Konfession sollen zum „Tisch des Herrn“ eingeladen werden. Diese „eucharistische Gastfreundschaft“ wird von den Protestanten bereits praktiziert, ist aber in der katholischen Kirche nicht erlaubt. Auf dem Kirchentag finden diese Gottesdienste außerhalb des offiziellen Programms statt. Pläne, während des Christentreffens das erste offizielle gemeinsame Abendmahl seit der Reformation zu feiern, scheiterten am Widerstand der römisch-katholischen Kirche.

Catenhusen: „Noch überfordert das gemeinsame Abendmahl.“

Wolf-Michael Catenhusen, Präsidiumsmitglied des Deutschen Evangelischen Kirchentags, erklärte, dass ein gemeinsames Abendmahl beim Ökumenischen Kirchentag eine „Überforderung beider Seiten“ sei. Auch die evangelische Kirche lege Wert darauf, dass die Gäste aus anderen Kirchen das evangelische Abendmahlsverständnis nachvollziehen können. Der Sozialdemokrat und ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung hofft, dass Katholiken und Protestanten irgendwann das Abendmahl gegenseitig anerkennen. Es sei realistisch, in den nächsten Jahren Fortschritte zu erwarten. „Ich hoffe, irgendwann mit Einverständnis des evangelischen Superintendenten und des katholischen Ortsbischofs zusammen mit meiner katholischen Frau an einer Eucharistiefeier teilzunehmen“, so Catenhusen.

ZdK-Präsident hofft auf eucharistische Gastfreundschaft.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Hans-Joachim Meyer (Dresden), betonte, dass es zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche nach wie vor grundsätzliche Unterschiede im Abendmahlsverständnis gebe. Trotzdem müsse die Ökumene auf ein größeres Maß an Gemeinsamkeit hinsteuern. Er hoffe, dass zahlreiche Vorschläge zur Einführung der eucharistischen Gastfreundschaft etwa bei Ehepartnern in konfessionell verschiedenen Ehen in Zukunft ein höheres Maß an Anerkennung fänden. Allerdings müsse klar bleiben, dass es sich um eine Gewissensentscheidung handele. Josef Funk, Sprecher des 1966 von liberalen Katholiken gegründeten „Bensberger Kreises“, nannte den Streit um ein gemeinsames Abendmahl „überflüssig“, weil die Kirchenbasis dies ohnehin schon praktiziere. Dort sei man in der Ökumene deutlich weiter als die offiziellen Theologen.

Was sagt die nächste päpstliche Enzyklika?

Noch unklar sind die Auswirkungen einer für Gründonnerstag (17. April) erwarteten päpstlichen Enzyklika. Italienische Zeitungen hatten berichtet, dieses Lehrschreiben werde die katholische Abendmahlslehre festschreiben. Christian Weisner, Sprecher des gemeinsamen Arbeitskreises Ökumene von „Wir sind Kirche” und der „Kirche von Unten“, erklärte am 14. März vor Journalisten in Berlin, er befürchte eine „Zementierung der katholischen Standpunkte“. Die Gottesdienste am Rande des Kirchentags fänden jedoch wie geplant statt, zumal sich trotz kirchlicher Strafandrohungen mehrere Priester bereiterklärt hätten, die Eucharistiefeier zu leiten.

 

 

17. März 2003

Reformgruppen halten an Gottesdiensten zum Kirchentag fest

Norbert Zonker

 

Berlin (KNA) Trotz Ablehnung durch die Bischöfe wollen Reformgruppen beim Ökumenischen Kirchentag (ÖKT) an Gottesdiensten mit „offener Kommunion" festhalten. Das teilten die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche" und „Initiative Kirche von unten" (IKvu) am Freitag in Berlin mit. „Wir sind Kirche" -Sprecher Christian Weisner betonte, die Gottesdienste seien „keine Demonstration". Es wäre aber ein „falsches Zeichen", wenn solche Feiern, wie sie „überall im Land praktiziert" würden, ausgerechnet beim ÖKT unterblieben. Die Vertreterin der Reformgruppen im ÖKT-Präsidium, Eva-Maria Kiklas, bedauerte, dass die Absage des Präsidiums, die Gottesdienste in das offizielle Kirchentagsprogramm aufzunehmen, nur formal begründet worden sei.

IKvu-Sprecher Thomas Wystrach kritisierte eine zu starke Konzentration der öffentlichen Aufmerksamkeit auf dieses Thema. Damit werde davon abgelenkt, was im ökumenischen Miteinander der Kirchen sonst schon möglich sei. Geplant seien ausdrücklich keine Feiern mit „Interzelebration" von Geistlichen unterschiedlicher Konfession wie beim Hamburger Katholikentag 2000. Die geplanten konfessionellen Gottesdienste mit offener Einladung zur Kommunion seien vielmehr ein „praxistaugliches Modell", meinte Wystrach. Weisner sagte auf Nachfrage, er erwarte nicht, dass es für die beteiligten katholischen Priester zu „schwerwiegenden Konsequenzen" kommen werde. Namen von vorgesehenen Zelebranten nannte er aber nicht. Der Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord, Heinz-Otto Seidenschnur, in deren Gethsemanekirche die Feiern geplant sind, vertrat die Ansicht, die Kirchen müssten sich „auch gegenseitig etwas zumuten". Das Abendmahl sei nicht nur Zeichen einer bereits bestehenden Einheit, sondern auch das „Mahl der Unversöhnten" auf dem Weg zur Einheit.

 

 

17. März 2003

Fast einträchtig zum Kirchentag - Auch die Reformbewegungen bereiten sich auf Berlin vor

Von KNA-Redakteurin Birgit Wilke

 

Berlin (KNA) Beim Katholikentag in Dresden vor neun Jahren wurde sie schon totgesagt. Nur tröpfchenweise kamen die Besucher zur Initiative Kirche von unten (IKvu). Inzwischen hat sich die Reformbewegung, die aus rund 40 linkskatholischen oder ökumenischen Gruppen besteht, wieder berappelt: Zum Ökumenischen Kirchentag vom 28. Mai bis zum 1. Juni in Berlin lädt auch die IKvu ein. Zwar wird es keinen gesonderten „Kirchentag von unten" geben wie in den 80er und 90er Jahren. Es sind aber zahlreiche Angebote geplant, die größtenteils auch im offiziellen Programm wiederzufinden sind. Als zweite Reformbewegung wirkt die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche" mit.

Lange bevor die Programme in Druck gingen, sorgten bereits zwei gemeinsame Veranstaltungen für viel Wirbel: die Feiern mit offener Kommunion, die die beiden Bewegungen gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde Prenzlauer Berg Nord am 29. und 31. Mai in der protestantischen Gethsemane-Kirche planen. Und trotz massiver Proteste der Kirchenleitungen wollen sie daran festhalten. Schließlich werde nur praktiziert, was vielerorts bereits üblich sei, so „Wir sind Kirche" -Sprecher Christian Weisner. Außer diesen beiden Gottesdiensten gibt es am 30. Mai - wahrscheinlich am Alexanderplatz in Berlin-Mitte - ein gemeinsames Essen unter dem Motto: „Für alle genug - Mahl der Solidarität".

Bei ihren anderen Terminen gehen die beiden Gruppierungen getrennte Wege, arbeiten aber beide mit dem „offiziellen" Kirchentagsteam zusammen. Dabei hat die IKvu, die 1980 beim Berliner Katholikentag erstmals eine Gegenveranstaltung organisierte, einen langen Weg hinter sich. In den vergangenen Jahren seien „alte Zöpfe" abgeschnitten worden, so beschreibt Geschäftsführer Bernd Göhrig die Entwicklung. In Mainz fand vor fünf Jahren der letzte „Katholikentag von unten" statt. Es kamen einfach zu wenig Besucher an die oft entlegenen Standorte. Seitdem versucht die Initiative, auf den offiziellen Treffen Akzente zu setzen. Außerdem organisiert sie auch zwischen den Katholikentagen Treffen.

In Berlin hat sich die Initiative auf drei Schwerpunktthemen konzentriert, wie bei diesem Kirchentag üblich immer mit ökumenischen Partnern. In der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche geht es um „Flucht und Kirchenasyl". Geschichtsträchtig ist der zweite Schwerpunkt: In der protestantischen Zionskirche in Mitte beschäftigen sich die Besucher mit dem Widerstand von Christen. Die ehemalige Kirche Dietrich Bonhoeffers als Begegnungsort wurde bewusst gewählt, weil hier unter anderem Verfolgten im Dritten Reich zur Flucht verholfen wurde und sich in diesem Umfeld DDR-kritische Bewegungen trafen. Der dritte Schwerpunkt, ein Afrika-Zentrum in einer Kreuzberger Schule, war finanziell lange nicht gesichert. Erst kurz vor Drucklegung des Programms sprang der Kirchentag nach langen Verhandlungen ein. Für Göhrig eigentlich eine Selbstverständlichkeit: „Schließlich taucht Afrika ansonsten in Berlin gar nicht auf." Dazu kommen Podien etwa über das Thema Gerechtigkeit. Keine Berücksichtigung fand zum Bedauern der Initiative eine vorgeschlagene Diskussion zum Thema Zwangsarbeiter.

Wie die IKvu hat auch die Kirchenvolksbewegung „Wir sind Kirche" einen Stand auf der Agora im Berliner Messegelände. Diese tritt seit ihrer Gründung im Herbst 1995 für fünf Forderungen ein - darunter das Priesteramt der Frau und die Aufhebung des Zölibats. In Berlin hat die nach Bekunden des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) sehr integrativ wirkende Bewegung einen Vertreter im Kirchentagspräsidium. Traditionell wird es bei ihren Großveranstaltungen weniger politisch und stärker kirchlich zugehen. So sollen am 29. Mai in einer Schreibwerkstatt persönliche Glaubensbekenntnisse formuliert werden. Am 30. Mai geht es bei einer Podiumsdiskussion um Frauenämter in der Kirche. Zu der Veranstaltung „ChristIn-Sein ohne Heiligenschein", einen Tag später, sind unter anderem der Tübinger Theologe Hans Küng und der französische Bischof Jacques Gaillot eingeladen. „Sehr bedauerlich," findet es Weisner "dass wir den beiden das einzige Forum für einen Auftritt bieten". Er sieht das als vertane Chance des Kirchentags, der unter dem offiziellen Motto steht: „Ihr sollt ein Segen sein!"