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Veröffentlicht am 10­.01.2021

10.1.2021 - Neue Westfälische / dpa

Klartext für Gläubige: Die vielen anderen Lockdowns

Manfred Dümmer von der „Wir sind Kirche“ schreibt in unserer Kolumne über die vielen anderen "Lockdwons" unserer Tage.

Lockdown: Das Wort ist zum Synonym für unseren Umgang mit der Corona-Pandemie geworden. Das öffentliche wie private Leben ist derzeit zunehmend bestimmt durch Kontaktbeschränkungen und Hygieneregeln. In OWL sind bisher ca. 700 Menschen an Corona gestorben, bundesweit über 30.000. Verschärft wird die Situation durch das Auftreten von Mutationen des Virus.

In den Hintergrund gedrängt werden die vielen anderen "Lockdowns" unserer Tage. So ist nicht Corona die größte Pandemie, sondern der Klimawandel. 2020 ist in Deutschland das zweitwärmste Jahr gewesen und das dritte zu trockene in Folge. Weltweit gehört 2020 zu den drei wärmsten Jahren. Gesellschaft und Politik haben nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse reagiert. Trotz Waldsterben und Dürre verschließen sie sich vor den erforderlichen Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase.

Die "Lockdowns" im Denken und Handeln lassen sich mühelos weiterführen. Allein 2019 verkauften die 25 größten Firmen Rüstungsgüter für 294 Milliarden Euro. Deutschland exportierte 2018 – auch in Krisengebiete – Waffen für 3,5 Milliarden Euro. Bei den Militärausgaben liegt Deutschland weltweit auf Platz 7. Dabei würden 4. bis 5 Milliarden Euro pro Jahr ausreichen, den Hunger zu besiegen.

"Lockdown" im Denken und Handeln auch in der Flüchtlingspolitik. 80 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht – auch weil Kriege zum Beispiel im Jemen durch Rüstungslieferungen möglich gemacht werden. 1.400 Flüchtlinge ertranken 2019 im Mittelmeer. Tausende leben in Lagern unter menschenunwürdigen Zuständen. Abschottung Europas heißt dieser "Lockdown". Nicht einmal menschenwürdige Unterkünfte und das Stellen von Asylanträgen sind möglich.

Reformstau in der katholischen Kirche

"Lockdown" auch in der katholischen Kirche? Vor genau 50 Jahren begann die sogenannte Würzburger Synode, Reformen im Sinne des 2. Vatikanischen Konzils umzusetzen. Vor 25 Jahren unternahm das sogenannte Kirchenvolksbegehren einen neuen Anlauf, initiiert von der innerkirchlichen Reformgruppe "Wir sind Kirche". Derzeit versuchen es Laien und Amtskirche auf dem sog. Synodalen Weg. Schafft er es endlich, den anhaltenden Reformstau zu beenden? Die Reaktionen eines Teils der deutschen Bischöfe und aus Rom stimmen nicht unbedingt optimistisch. "Lockdown" auch hier, wenn Macht und Kirchenrecht stärker bleiben als Aussagen der Bibel.

Die Weihnachtsbotschaft des Evangeliums bringt es auf den Punkt. Es ist die Botschaft des Friedens für alle Menschen guten Willens unabhängig von Religionen und Konfessionen. Die Hirten und die Sterndeuter/Heilige Drei Könige haben den Ruf Gottes verstanden ohne „Lockdown", also ohne jede Blockade des Denkens und Handelns. Dies wünsche ich auch uns. Änderungen zum Beispiel in der Klima-, Rüstungs- und Flüchtlingspolitik, in der Lebens- und Wirtschaftsweise, aber auch Reformen in der katholischen Kirche wären die unmittelbare Folge. Visionen würden Wirklichkeit.

Ich wünsche Ihnen eine immer noch andauernde gute Weihnachtszeit um das Dreikönigsfest/Epiphanias. Bleiben Sie gesund und Gott-behütet!

Manfred Dümmer ist Sprecher der innerkirchlichen Reformbewegung „Wir sind Kirche" im Erzbistum Paderborn.

https://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/paderborn/22931299_Klartext-fuer-Glaeubige-Lockdown.html

Zuletzt geändert am 10­.01.2021