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Veröffentlicht am 10­.05.2019

10.5.2019 - Neue Osnabrücker Zeitung

Papst erlässt Meldepflicht für Missbrauch

Organisation „Wir sind Kirche": Regeln sind plausibel, konkret und notwendig.

Rom. Papst Franziskus hat für die gesamte katholische Kirche eine Meldepflicht für Fälle sexuellen Missbrauchs erlassen. Für Kleriker und Ordensleute werde ab Juni die Verpflichtung eingeführt, innerhalb der Kirche Missbrauchs- und vertuschungsversuche umgehend anzuzeigen, teilte der Vatikan mit.

"Während diese Verpflichtung bis dato in einem gewissen Sinne dem persönlichen Gewissen überlassen war, wird sie nun zur universellen Rechtsvorschrift", so der Chefredakteur der Kommunikationsabteilung des Vatikans, Andrea Tornielli. Das Gesetz soll am 1. Juni in Kraft treten. Eine Meldepflicht an staatliche Stellen ist allerdings nicht vorgesehen. In dem Apostolischen Schreiben "Vos estis lux mundi" (Ihr seid das Licht der Welt)  heißt es zudem, die katholischen Diözesen in aller Welt müssten bis spätestens Juni kommenden Jahres "eine oder mehrere dauerhafte und der Öffentlichkeit leicht zugängliche" Anlaufstellen für Anzeigen einrichten.

Die katholische Kirche steckt wegen Missbrauchsskandalen in vielen Ländern der Welt in einer schweren Krise. Während des Pontifikat von Franziskus' Vorgänger Benedikt XVI. kam ans Licht, dass sich massenhaft Geistliche an Kindern vergangen hatten und von oben gedeckt wurden. Franziskus stand unter Druck, seinen Worten von einer "Null-Toleranz"-Politik auch Taten folgen zu lassen.

Die deutsche Bischofskonferenz lobte den Beschluss des Papstes. Die Regeln zeigten, dass der Vatikan Missbrauchsfälle "noch konsequente und präziser als bisher" verfolgen wolle, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Konferenz, Bischof Ackermann. Auch die Organisation "Wir sind Kirche" begrüße die verschärften Regelungen. "Was der Papst nun zum Umgang mit Missbrauch in der Kirche verkündet hat, ist plausibel, konkret und notwendig", sagte Christian Weisner unserer Redaktion. Der Sprecher der Kirchenvolksbewegung wies darauf hin, dass solche Regeln überfällig gewesen seien. "Wenn das Schreiben direkt am Ende des Anti-Missbrauchs-Gipfels im Februar veröffentlicht worden wäre, wäre der Erfolg des Gipfels sofort sichtbar geworden", sagte Weisner.  dpa, KNA, swi

Zuletzt geändert am 21­.05.2019