| |
Veröffentlicht am 08­.04.2022

Erzbistum Köln

„Ein Kardinal im Abseits. Ungeklärte Situation und neue Fakten belasten die ganze Kirche in Deutschland“

Wir sind Kirche zur aktuellen Situation im Erzbistum Köln

  • Verantwortung Roms und konservativer Kräfte
  • Klerikalistischer Versuch, Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen
  • Konfliktpunkte in Köln
  • Verweigerung des Synodalen Weges

Pressemitteilung München, Köln, Rom, 8. April 2022

Der jetzt mehr als einen Monat andauernde Schwebezustand nach dem Rücktrittsangebot des Kölner Kardinals Rainer Maria Woelki und neue Verwicklungen im Kölner Erzbistum stellen nach Ansicht der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche eine unzumutbare Belastung nicht nur in Köln, sondern für die gesamte Kirche in Deutschland dar. Wie schon die Bischöfe Bätzing und Kohlgraf appelliert Wir sind Kirche an die zuständigen Stellen im Vatikan, unverzüglich tätig zu werden, um weiteren Vertrauensschaden abzuwenden. 

Die fünfmonatige „geistliche Auszeit“ mit Weihbischof Rolf Steinhäuser als Apostolischem Administrator ohne Befugnisse – während Kardinal Woelki formell sogar weiterhin mit vollen Bezügen im Amt war – hat keinerlei Versöhnung und Vertrauen ins Erzbistum gebracht, ganz im Gegenteil. Auf Anweisung aus Rom musste Weihbischof Steinhäuser sogar den Woelki-Vertrauten Generalvikar Dr. Markus Hofmann als „Delegat“ übernehmen und durfte Untersuchungen des Finanzgebarens nicht zu Ende führen.

Mit Woelkis Rückkehr ist derzeit eine unabhängig geführte Untersuchung seines Finanzgebarens unmöglich. Dies zeigt beispielsweise die große Finanzierungslücke der von Woelki von den Steyler Missionaren übernommenen „Kölner Hochschule für Katholische Theologie“. Die in diesem Zusammenhang  erfolgte Freistellung von Generalvikar Hofmann ist nur ein Bauernopfer, das der tatsächlich verantwortliche Erzbischof bringt, um die Verantwortung von sich abzulenken.

Verantwortung Roms und konservativer Kräfte

Woelkis Rücktrittsangebot, das er erst am Tag seiner Rückkehr (2. März 2022, Aschermittwoch) verkündete, war ein unlauterer politischer Winkelzug und Versuch, alle Verantwortung auf den Papst zu schieben. Sein jetziges Agieren lässt bezweifeln, ob er wirklich ernsthaft die Absicht hatte, zurückzutreten. Papst Franziskus, den Woelki in einer internen Zusammenkunft als „alt“ und „realitätsfremd“ beschrieben haben soll, wird benutzt, getäuscht und möglicherweise hintergangen.

Verantwortung für diese höchst unguten und unklaren Verhältnisse tragen jedoch vor allem der Präfekt der Bischofskongregation, der noch von Papst Benedikt 2010 ernannte Kardinal Marc Ouellet, sowie rechtskonservative Kreise wie zum Beispiel das Opus Dei. Offenbar gibt es in Rom und in Deutschland gut vernetzte Kräfte, die Kardinal Woelki als Leiter eines der finanzstärksten Bistümer weltweit und als Bremser des Synodalen Wegs auf Biegen und Brechen im Amt halten wollten und weiter wollen.

Klerikalistischer Versuch, Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen

Nachdem Kardinal Woelki auf die für Aschermittwoch geplante feierliche Rückkehr in aller Öffentlichkeit verzichtet hatte, lädt er nun für kommenden Montag (11. April 2022) zu einer geistlichen Stunde und Chrisam-Messe im Kölner Dom und anschließendem Beisammensein im Maternushaus ein. Diese Einladung ist allerdings nur an alle jetzigen und künftigen Kleriker („Liebe Mitbrüder, liebe Seminaristen, Priesteramtskandidaten und Kandidaten im Collegium Albertinum und Diakonanden“) gerichtet. Woelki knüpft nahtlos an seine Praxis der Vorjahre an, Frauen und "Laien" sind ausgeschlossen.

Wir sind Kirche sieht dieses Treffen als zutiefst klerikalistischen Versuch, ungeachtet aller öffentlichen und nichtöffentlichen Rücktrittsforderungen, hierarchisch von oben die Handlungsfähigkeit wieder zurückzugewinnen und sich der Treue seiner Kleriker zu versichern. Um dieses klerikale Treffen noch aufzuwerten, kommt sogar Kardinal Kurt Koch aus Rom nach Köln.

Konfliktpunkte in Köln

Aktueller Konfliktpunkt in Köln sind auch die soeben vorgestellten Pläne für eine Strukturreform im Kölner Erzbistum, die die derzeit 178 Seelsorgebereichen zu 50 bis 60 "Pastoralen Einheiten" zusammenführen will. Bereits die Ankündigung im Rahmen des "Pastoralen Zukunftswegs" hatte zu heftiger Kritik an der Kirchenbasis geführt. Die Strukturreform wird auch mit den rückläufigen Zahlen der Kirchenmitglieder begründet, die sind zum Teil aber selbstverschuldet. Angesichts des problematischen Umgangs mit den Kölner Missbrauchsstudien ist die Zahl der Kirchenaustritte in den beiden letzten Jahren in die Höhe geschnellt und wird sicher weiter hoch bleiben.

Unabhängig von seinen persönlichen Verfehlungen drängt sich deshalb nach Ansicht von Wir sind Kirche, die Frage nach der fachlichen Eignung von Kardinal Woelki in der Leitungsposition als Erzbischof in Köln auf. Hat er die dafür notwendigen fachlichen wie sozialen Kompetenzen? Viele Mitarbeiter haben innerlich gekündigt, viele Menschen verlassen auch wegen ihm die katholische Kirche in Köln.

Verweigerung des Synodalen Weges

Die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz Anfang März 2022 in Vierzehnheiligen, die Woelki vorzeitig verlassen haben soll, hat seine Isolierung innerhalb der Bischofskollegen einmal mehr deutlich werden lassen. Auch ist nicht damit zu rechnen, dass er seine Totalverweigerung gegenüber dem laufenden Reformprozess des Synodalen Weges aufgeben wird. Bei der Aufarbeitung des Missbrauchs fehlen ihm offensichtlich Einsicht und Einfühlungsvermögen für die wahre Bedeutung dieses epochalen Ereignisses für die katholische Kirche.

In seinem Hirtenwort zu seiner Rückkehr, das nur um seine Person kreist, erwähnt er den Synodalen Weg mit keiner Silbe. Seit dessen Beginn hat Woelki an keiner der zahlreichen Sitzungen des Synodalforums 2 „Priesterliche Existenz heute“, dem er angehört, teilgenommen. Soweit bekannt, wird Kardinal Woelki auch nicht am Katholikentag Ende Mai 2022 in Stuttgart teilnehmen.

Pressekontakte Wir sind Kirche:
Stefan Herbst (Wir sind Kirche Köln): Tel. 0228-330269, E-Mail: stefan.herbst@wir-sind-kirche.de
Christian Weisner (Wir sind Kirche Bundesteam): Tel. 0172 518 40 82, E-Mail: presse@wir-sind-kirche.de

mehr: > www.wir-sind-kirche.de/koelngutachten

Zuletzt geändert am 20­.04.2022