Pressemitteilung, 28. Juni 2000

Wir sind Kirche kritisiert Nationentag des Heiligen Stuhls auf der EXPO am 29. Juni

 

Als kirchenpolitische Machtdemonstration kritisiert die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche den Nationentag, den der Heilige Stuhl am 29. Juni begeht. "Die römisch-katholische Kirche nimmt auf dieser Weltausstellung eine Sonderstellung für sich in Anspruch, die keine andere Weltreligion inne hat", erklärt Christian Weisner vom Wir sind Kirche-Bundesteam. Anstelle eines gleichberechtigten Dialogs mit anderen Religionen werde damit eher die Distanz zwischen den Religionen vergrößert.

In der christlichen Ökumene stellt die Feier des Nationentages am Fest der "Apostelfürsten" Petrus und Paulus, mit der der Primat des Papstes besonders betont werde, einen Affront gegenüber der orthodoxen Kirche und den Kirchen der Reformation dar, so Weisner. Bedauerlich sei auch, dass sich der Vatikan trotz des ausdrücklichen Wunsches der katholischen Kirche in Deutschland nicht an dem ökumenischen Christus-Pavillon auf dem Expo-Gelände beteiligt hat.

Für die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche ist diese fragwürdige Feier Anlass, grundsätzlich den Status des Vatikans, des Sitzes der Leitung der römisch-katholischen Kirche, als eigenständigen Staat zu problematisieren, wie dies auch die internationale Organisation Catholics for Free Choice in ihrer Kampagne "See Change" tut. Denn das Grundanliegen Jesu Christi, auf den die Kirche sich beruft, ist nicht die Gründung eines souveränen Staates, sondern die glaubwürdige Bezeugung des Evangeliums der Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes für die Völker und Nationen aller Zeiten.

Die allmähliche Entstehung eines souveränen Kirchenstaates ist erst ab dem 8. Jahrhundert zu datie-ren; er beruht auf einer von der römischen Kurie gefälschten Urkunde, der so genannten "Konstantinischen Schenkung" des fränkischen Königs Pippin III., so die Kirchenhistorikerin Dr. Magdalene Bußmann, die Mitglied des Wir sind Kirche-Bundesteams ist. Im Laufe der Geschichte entwickelte sich der Kirchenstaat - parallel zur weltlichen Gewalt - als "societas perfecta" und fand in den Lateranverträgen zwischen Papst Pius XI. und Mussolini 1929 seine heutige territoriale und völkerrechtliche Gestalt mit dem Papst als höchstem Souverän.

Für Wir sind Kirche ist der Vatikanstaat ein Relikt aus einer Zeit, in der sich die römische Kurie im Konzert der weltlichen Staaten als eigenständiger "Kirchenstaat" zu behaupten versuchte. "Er entspricht weder heutigem kirchlichen Selbstverständnis - Kirche als pilgerndes Gottesvolk auf dem Wege - noch dient er der glaubwürdigen Bezeugung des Evangeliums," erklärt Bußmann, "Im Ge-genteil: er vermittelt eher den Eindruck, als setze die Kirche auf weltliche Macht und Herrschaft, um ihre Botschaft vom liebenden Gott zu vermitteln."

Theologisch und pastoral wäre es angemessen, wenn die katholische Kirche sich die Weisungen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962 bis 1965) bezüglich ihrer äußeren Erscheinungsform zu eigen machen würde: Die Kirche "setzt ... Hoffnungen nicht auf Privilegien, die ihr von der staatlichen Autorität angeboten werden. Sie wird sogar auf die Ausübung von legitim erworbenen Rechten verzichten, wenn fest steht, dass durch deren Inanspruchnahme die Lauterkeit ihres Zeugnisses in Frage gestellt ist, oder wenn veränderte Lebensverhältnisse eine andere Regelung fordern."(Gaudium et Spes Nr. 76)

Bundesweite Kontaktadresse:
Bundesweites Spendenkonto:
Wir sind Kirche
Wir sind Kirche Förderverein eV
c/o Christian Weisner
Tel.: +49 (0511) 80 00 10
Konto 18 222 000
Hildesheimer Str. 103
Fax: +49 (0511) 988 60 50
Darlehenskasse Münster e.G.
D 30173 Hannover
eMail: info@wir-sind-kirche.de
(BLZ 400 602 65)

PRE_2000-20