17.5.2021 - KNA

Kritik an Ackermann nach Sätzen über Missbrauchsbetroffene

Trier (KNA) Nach seinen Aussagen über das Verhalten von Missbrauchsbetroffenen gibt es Kritik am Trierer Bischof Stephan Ackermann. Er ist seit 2010 Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz.

Der Verein Missbrauchsopfer im Bistum Trier (Missbit) erklärte am Montag, Ackermann sei für seine Aufgabe nicht geeignet, weder für die Aufarbeitung des Machtmissbrauchs in der Kirche noch für das Amt eines Bischofs. Seine Aussagen zum Verhalten von Betroffenen bei der Aufarbeitung zeugten von einer Arroganz der Macht, die nicht fähig ist zur Empathie und zum Umdenken, so Missbit-Vorstandsmitglied Jutta Lehnert.

Sie warf Ackermann vor, die Missbrauchten für seine Interessen zu missbrauchen. Das ist schäbig. Seine Aussagen seien entlarvend. Der Bischof wolle offenbar Betroffenenbeiräte, die in erster Linie die Kirche und nicht die Wahrheit retten sollten.

Beim Ökumenischen Kirchentag hatte Ackermann am Samstag gesagt, bei der Zusammenarbeit zwischen Kirchenführung und Betroffenenbeiräten sei es nicht hilfreich, wenn ein Beirat mehrheitlich durch Aktivisten besetzt wäre, die ihre Rolle darin sähen, immer nur im klaren Gegenüber zur
Kirche zu bleiben und politisch-öffentlich den Finger in die Wunde zu legen. Wer Bereitschaft bekunde, in einem Betroffenenbeirat mitzuwirken, dem müsse klar sein, was das Mandat eines solchen Beirats sei.

Am Sonntag hatte er dann auf Twitter erklärt: Ich bedauere den missverständl. Begriff 'Aktivisten' im Zusammenhang mit Betroffenenbeiräten. Selbstverständlich sei es gut & notwendig, hochaktive Mitglieder in den Beiräten zu haben. Das erlebe ich bei uns - etwa im Beirat der #DBK -
auch so; dafür bin ich dankbar. Wir sind auf die Hilfe & die kritische Beratung der Betroenen angewiesen.

Die Theologin Doris Reisinger hatte zuvor Ackermanns Aussagen als skandalös kritisiert. Er wolle damit den Betroffenen ihre Rolle und deren Grenzen zuweisen und als Bischof festlegen, was diese tun dürften: Zur Erinnerung: Die Bischöfe tragen die institutionelle Verantwortung für die Gewalt, die die Betroffenen als Kinder erlitten haben. Die Bischöfe stehen in der Schuld der Betroenen, nicht umgekehrt.

Am Montag kritisierte auch der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller Ackermanns Worte. Im Deutschlandfunk sagte er, trotz des nachträglich geäußerten Bedauerns werde die Geisteshaltung deutlich, dass gerade die sich gut organisierenden Missbrauchsopfer ihn stören. Der Bischof
wolle offenbar keine störenden Missbrauchsopfer, die nerven, die quälen, die unangenehme Rückfragen stellen, die auch finanzielle Forderungen stellen. Sondern man wünscht handzahme, taugliche Leute, die das Interesse der Kirche mittragen.

Das Wort von den Aktivisten sei verräterisch und habe Ackermann eigentlich für den Job als Beauftragter der Bischofskonferenz komplett disqualiziert, ergänzte Schüller. Ackermann (58) ist seit 2009 Bischof von Trier und seit 2010 Ansprechpartner der Deutschen Bischofskonferenz für alle Fragen im Zusammenhang des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger im kirchlichen Bereich. An der Entwicklung von kirchlichen Leitlinien für Prävention, Aufarbeitung und Entschädigung in den deutschen Bistümern ist er seither federführend beteiligt.

Zuletzt geändert am 18­.05.2021