20.11.2010 - www.katholisch.de

Die deutschen Laienkatholiken machten in Bonn ihrer Unzufriedenheit mit der Aufarbeitung des Missbrauchskandals in der Kirche Luft

Zentralkomitee der deutschen Katholiken berät über Dialogprozess in der Kirche

Bonn - Es gärt. Bei der Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) äußerten manche Delegierte am Freitag in Bonn Unzufriedenheit mit der Aufarbeitung des Missbrauchskandals und der Vertrauenskrise der katholischen Kirche.

"In der Kirche ist es wieder sehr ruhig geworden", beschrieb die Grünen-Politikerin Christa Nickels ihre Eindrücke. "Doch Ruhe ist nicht erste Bürgerpflicht, und auch nicht erste Glaubenspflicht." Insbesondere die Frauen unter den rund 220 Delegierten pochten auf Reformen: "Da werden ausländische Priester geholt, bei denen man kaum ein Wort versteht, wenn sie das Evangelium vorlesen", kritisierte die Ordensfrau Lea Ackermann. "Aber uns Frauen spricht man keine Verantwortung zu."

Zwischen Hoffnung und Zweifel

Mehrere weibliche ZdK-Mitglieder kündigten eine Initiative an, die auf mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche abzielt. "Wenn die Kirche in der Mitte der Gesellschaft bleiben will, dann muss sie den Frauen mehr Verantwortung geben", sagte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ingrid Fischbach (CDU). Auch Nickels betonte, Geschlechtergerechtigkeit sei eine Grundfrage für die Glaubwürdigkeit der Kirche. "Bislang ist die Kirche eine von Männern geleitete Einrichtung, in der die Frauen die Arbeit tun."

ZdK-Präsident Alois Glück räumte vor Journalisten ein, dass sich das höchste Gremium katholischer Laien in Deutschland mit Blick auf den Dialogprozess zwischen Hoffnung und Zweifel bewege. Viele Laien seien frustriert, weil bestimmte heiße Eisen schon seit Jahrzehnten angesprochen worden seien, ohne dass sich etwas geändert habe. "Doch die Kirche des Jahres 2010 ist nicht mehr dieselbe wie 2009", analysierte er mit Blick auf den Schock des Missbrauchsskandals.

Neue Qualität des Gesprächs

Der ZdK-Präsident zieht seinen Optimismus vor allem aus einer neuen Qualität des Gesprächs auf Augenhöhe zwischen Bischöfen und Laien. Das habe sich bei der Auftaktkonferenz von Bischofskonferenz und ZdK Anfang November in Bensberg gezeigt. Dabei hatten Bischöfe und Laien zwei konkrete Arbeitsprojekte zum "Zusammenwirken von Priestern und Laien in der Kirche" sowie zur "Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Staat" vereinbart. Bei den Gesprächen habe es keine Tabuthemen gegeben, betonte Glück erneut.

Auch der CSU-Politiker räumte ein, dass der Dialogprozess verschleppt werden könnte. Es bestehe die Gefahr, dass mit wachsendem zeitlichen Abstand der Wille nachlasse, Notwendiges und Unbequemes zu tun. Dennoch gebe es keine Alternative: "Wenn man eine Bergtour plant, muss man irgendwann einfach losgehen", sagte der Ausdauersportler und Vorsitzende der Bergwacht Bayern. "Und wenn das Gelände schwieriger wird, dann macht man kleinere Schritte."

Warten auf den Papstbesuch

Gespannt zeigten sich manche Delegierte, wie sich der Papstbesuch in Deutschland im kommenden Herbst auf den Dialogprozess auswirkt, dessen Ankündigung in die Vollversammlung platzte. Der eine oder andere zeigte sich besorgt, dass die Visite von dem Projekt ablenken und Kräfte abziehen könnte.

ZDF-Chefredakteur Peter Frey sieht demgegenüber die Notwendigkeit einer Beschleunigung: Die katholische Kirche in Deutschland müsse bis zum Papstbesuch konkrete Schritte zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals geleistet und Vertrauen zurückgewonnen haben. "Sonst wird alles auf den Papstbesuch abgewälzt."

Von Christoph Arens (KNA)

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Zuletzt geändert am 20­.11.2010