7.11.2013 - Siegel-online

Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen: Kardinal Marx legt sich mit Vatikan an

Soll die katholische Kirche wiederverheiratete Geschiedene zur Kommunion zulassen? Nein, meint Gerhard Ludwig Müller, Chef der Glaubenskongregation im Vatikan. Der Münchner Kardinal Marx will das nicht hinnehmen.

Freising - Die bayerischen Bischöfe wollen eine breite Debatte über den Umgang der katholischen Kirche mit wiederverheirateten Geschiedenen. Sie gehen damit auf Distanz zum Präfekten der vatikanischen Glaubenskongregation, zum ehemaligen Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller.

Die Gespräche über dieses Thema dürften nicht allein auf die Lehre der Kirche verengt werden, sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx zum Abschluss des Herbsttreffens der bayerischen Bischöfe in Freising. "Der Präfekt der Glaubenskongregation kann die Diskussion nicht beenden."

Menschen, die sich nach einer kirchlichen Trauung scheiden lassen und danach eine neue Ehe beschließen, sind bisher keine gleichberechtigten Mitglieder der katholischen Kirche. Sie sind von kirchlichen Ämtern ausgeschlossen, sie dürfen die Sakramente nicht empfangen. So ist die Lehre, wenn sich auch manche Priester schon anders verhalten.

"Die Stimmen der Basis hörbar machen"

Erzbischof Müller will wiederverheirate geschiedene Katholiken nach wie vor nicht zur Kommunion zulassen. "Wir werden erleben, dass das Thema in der ganzen Breite diskutiert wird", sagte dagegen Marx. Die Beantwortung eines von Papst Franziskus verschickten Fragebogens zur Situation von Ehe und Familie sei "eine ehrgeizige Aufgabe". Es gehe darum, "die Stimmen der Basis hörbar zu machen".

Hintergrund von Marx' Äußerungen ist eine weltweite Umfrage des Vatikans. Der Kirchenstaat will die Ansichten katholischer Gemeinden zu heiklen Themen herausfinden, etwa dem Umgang mit Scheidung und Homosexualität. Das Dokument soll die von Papst Franziskus geplante Sonder-Bischofssynode zum Thema Familie im Oktober 2014 vorbereiten.

Der Freiburger Erzbischof und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, hatte sich mehrmals offen für einen neuen Weg gezeigt. "Sie gehören zur Kirche", hatte er zum Abschluss der Herbst-Vollversammlung der Bischofskonferenz über wiederverheiratete Katholiken gesagt. Es gehe darum, "auf der ganzen Breite der Kirche Lösungen zu finden".

Das Seelsorgeamt der Erzdiözese Freiburg hatte im Oktober eine "Handreichung für die Seelsorge" herausgegeben. Wenn die Ehe gescheitert sein sollte, gelte es in besonderer Weise, "denen nahe zu sein und sie zu unterstützen, die (bewusst) keine neue Partnerschaft eingehen", heißt es darin. Damit wurde Wiederverheirateten jener Weg eröffnet, der ihnen bisher versperrt war.

Marx fordert Zurückhaltung im Fall Tebartz-van Elst

Der Münchner Kardinal äußerte sich auch zur Affäre um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst - und plädierte für Zurückhaltung. "Ich würde mir wünschen, dass einige jetzt einmal den Mund halten", sagte Marx.

Er ließ offen, ob er damit den Vorsitzenden des Landeskomitees der Katholiken in Bayern meinte. Albert Schmid hatte Tebartz-van Elst kürzlich öffentlich in Schutz genommen und sich damit den Unmut von Laienorganisationen zugezogen.

Marx plädierte dafür, die Klärung der Vorwürfe abzuwarten. Die gestiegenen Kirchenaustrittszahlen im Zusammenhang mit der Affäre bedauerte Marx. Der Limburger Bischof ist wegen seines Führungsstils und der drastisch gestiegenen Kosten für die neue Bischofsresidenz in die Kritik geraten. Derzeit nimmt Tebartz-van Elst eine Auszeit in der niederbayerischen Benediktinerabtei Metten.

ulz/dpa

http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/wiederverheiratete-geschiedene-kardinal-marx-kritisiert-mueller-a-932404.html

Zuletzt geändert am 08­.11.2013