14.3.2008 an WELT-online

Bischof Müller muss endlich zur Verantwortung gezogen werden

Wegen sexuellen Kindesmissbrauchs in 22 Fällen hat das Landgericht Regensburg den einschlägig vorbestraften ehemaligen Pfarrer von Riekofen zu drei Jahren Haft verurteilt. Es ordnete Wegen sexuellen Kindesmissbrauchs hat das Landgericht Regensburg den einschlägig vorbestraften ehemaligen Pfarrer von Riekofen zu drei Jahren Haft verurteilt und eine Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet.

Mit Blick auf Männer wie Peter K. haben die deutschen Bischöfe im September 2002 in ihre Leitlinien geschrieben: „Geistliche, die sich des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger schuldig gemacht haben, werden nach Verbüßung ihrer Strafe nicht mehr in Bereichen eingesetzt, die sie mit Kindern und Jugendlichen in Verbindung bringen."

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller, seit November 2002 im Amt, hat diese Maßgabe ignoriert. Er setzte K. als Pfarradministrator ein. Ein folgenschwerer Fehler, den der Bischof bis heute nicht eingestehen will. Vielmehr lässt er immer noch verbreiten, er habe nach den Leitlinien seiner Bischofskollegen gehandelt.

Dass es auch in der neuen Pfarrgemeinde erneut zu sexuellen Übergriffen gegenüber Messdienern gekommen ist, dafür trägt auch der Regensburger Bischof ein Großteil der Verantwortung. Dem Regensburger Bischof möchte ich zum vertiefenden Studium Mt. 18,6 anempfehlen; dort urteilt Jesus über die Verführung gegenüber Kindern : „Wer einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.“ Nach einer angemessenen Denkpause käme Müller vielleicht zu der Erkenntnis, dass er sich genau so schuldig gemacht hat wie der Täter. Die Entscheidung Müllers, in Kenntnis der Vorgeschichte einen solchen Priester noch einmal einer Gemeinde – und damit auch Kindern und Jugendlichen – zuzumuten, ist unfassbar, unverständlich und in moralischer Hinsicht zutiefst unanständig!

Dass der Regensburger Bischof einen vorbestraften Pfarrer im Jahre 2003 entgegen den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzt und der Bischof der neuen Gemeinde verschwiegen hat, dass der neue Pfarrer wegen sexueller Verfehlungen vorbestraft war, macht zum einen deutlich, dass es in der Kirchenhierarchie nach wie vor Tendenzen gibt, sexuelles Fehlverhalten von Angehörigen des Klerus zu vertuschen und zum anderen, dass wir es mit dem Problem pädophiler Priester nicht nur in Amerika zu tun haben. Nach einer von der Katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten selbst in Auftrag gegebenen Untersuchung, deren Ergebnisse im Februar 2004 veröffentlicht wurden, haben sich in den vergangenen 50 Jahren mehr als 4000 amerikanische Priester an gut 10.000 Kindern vergangen. Die Opfer waren in der Mehrzahl Jungen. Laut Aussagen des Vorsitzenden der Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen, Johannes Heibel, neigen drei bis fünf Prozent aller Pfarrer zu sexueller Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen.

Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller lehnt eine Entschuldigung für den sexuellen Kindesmissbrauch durch einen seiner Pfarrer ab. „Es geht nicht darum, mich zu entschuldigen oder Fehler einzugestehen", sagte Müller dem Radiosender Bayern 2 im Oktober 2007. Nach seiner Ansicht sei im Umgang mit dem bereits einschlägig vorbestraften Geistlichen getan worden, „was menschenmöglich war“.

Zur Kritik an seiner Amtsführung sagte der Regensburger Bischof, er brauche keine „Belehrungen von Leuten, die in der Pastoral gar nichts zu tun haben". Der einzige Vorgesetzte eines Bischofs sei der Papst, „und von dieser Seite habe ich noch keine Kritik gehört", sagte Müller.

Zu fragen bleibt somit nach diesen Äußerungen des sich als unbelehrbar gerierenden Kirchenfürsten, wie es der Papst zu seiner nach der Vorsorgepflicht hinsichtlich eines solchen Bischofs steht. Warum belässt der Papst einen Bischof, der eine solch folgenschwere Schuld auf sich geladen hat, noch weiterhin im Amt? Warum zieht Rom angesichts eines unzweideutig schwerwiegenden Vergehens von Seiten des Regensburger Oberhirten nicht die notwendigen Konsequenzen? Die Frage, die Max Frisch in „Andorra“ Barblin an Pater Benedikt stellt, müsste man auch an den Pontifex maximus in Rom richten : „Wo, Pater Benedikt , bist du gewesen, als sie unsern Bruder geholt haben wie Schlachtvieh, wie Schlachtvieh, wo?“

Genau wie für einen jeden anderen Pädophilen sind auch für die klerikalen Pädophilen die Opfer nur „Schlachtvieh“!

Papst Benedikt wird die Frage beantworten müssen, warum Bischöfe, die wissentlich pädophile Priester als Sextäter in der Soutane einer Gemeinde zumuten, eine größere Narrenfreiheit haben als einfache Priester, die die evangelischen Christen zum Abendmahl einladen und deswegen ihrer Ämter enthoben werden! Der Vatikan kann sich weder seiner moralischen noch seiner rechtlichen Verantwortung entziehen ; Papst Benedikt sei daran erinnert, dass seit dem „Motu propio Sacramentorum sanctitas tutela“ vom April 2001 die Glaubenskongregation die kirchenrechtliche Zuständigkeit für Vergehen des sexuellen Missbrauchs an sich gezogen hat.

Paul Haverkamp, Lingen

Zuletzt geändert am 14­.03.2008