Forum Eur. KatholikInnen 1999 in Rom

"Die Bischöfe haben die Chance der Synode nicht genutzt"

(22. Oktober 1999)

Als enttäuschend bewerten die Internationale Bewegung Wir sind Kirche (IMWAC) und das Europäische Netzwerk Kirche im Aufbruch (EN) die Ergebnisse und vor allem das Procedere der Zweiten Sonderversammlung für Europa der Bischofssynode, die am 23. Oktober 1999 in Rom zu Ende geht. Alle bisherigen Veröffentlichungen werden dem selbst gesetzten Anspruch der römisch-katholischen Kirche, „Quelle der Hoffnung für Europa“ zu sein, nicht oder nur sehr unzureichend gerecht. Damit hat sich die Befürchtung bewahrheitet, dass diese Bischofssynode, die nach dem Kirchenverständnis des Zweiten Vatikanischen Konzils einen offenen Dialog ermöglichen und eine sinnvolle Ergänzung des päpstlichen Leitungsamtes leisten soll, die in sie gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt hat.

Schon in der Vorbereitungsphase dieser Synode, die ursprünglich als krönender Abschluss der kontinentalen Synoden kurz vor der symbolträchtigen Jahrtausendwende geplant war, haben die kirchenreformerischen Gruppen Europas den breiten Dialog in den Ortskirchen, wie er sogar vom Vatikan gefordert wird, vermisst und vergeblich angemahnt. Auf die Dialogversuche und Eingaben der Laiengruppierungen in den einzelnen Ländern haben die Bischöfe nur sehr zögerlich reagiert. Die Bitte an den Sekretär der Synode, Kardinal Jan Pieter Schotte, um Zulassung von je einer Vertreterin und einem Vertreter des Kirchenvolks als Zuhörer („auditores“) war schlicht ignoriert worden.

Dies hat schließlich dazu geführt, dass in einem Kontinent, in dem die Mauern gefallen sind und der sich für die Freiheit einsetzt, eine Bischofssynode „hinter verschlossenen Türen“ stattfand. Denn auch wenn die Statements der Bischöfe für die Medien und im Internet veröffentlicht wurden, handelte es sich um Zusammenfassungen, die oft gekürzt, entstellt und für das Kirchenvolk nicht verständlich waren. Mit dieser angstbesetzten Informationspolitik wird es nicht möglich sein, die Medien als Helfer bei der Verbreitung der christlichen Frohbotschaft zu gewinnen.

Zu begrüßen ist allerdings, dass – anders als bei der letzten Synode 1991 – bei dieser Synode ein Konflikt mit den Orthodoxen Kirchen vermieden werden konnte, was sicher auch auf das segensreiche Wirken des kirchlichen Hilfswerkes Renovabis zurückzuführen ist. Die Annäherung an die Orthodoxe Kirche darf andererseits jedoch nicht zu einer Abgrenzung in der Ökumene gegenüber den reformatorisch geprägten Kirchen führen, wie sie der Kölner Kardinal Meisner, einer der drei Präsidenten der Synode, in unverantwortlicher Weise in seinem Statement vorgenommen hatte.

Ein Hoffnungszeichen stellt die auf der Synode von Angelo Massafra OFM, Erzbischof von Skodre, vorgeschlagene ökumenische und interreligiöse Initiative zum spirituellen und moralischen Aufbau auf dem Balkan dar. Um so unverständlicher ist es dann aber, dass auf dieser Synode keine muslimischen Gäste oder Beobachter zugelassen waren.

Da die auf der Synode angesprochenen Fragen des Glaubens und der Glaubensvermittlung nicht nur den Papst und die Bischöfe, sondern das ganze Kirchenvolk betreffen, veranstalteten die Internationale Bewegung Wir sind Kirche und das Europäische Netzwerk Kirche im Aufbruch vom 7. bis 10. Oktober 1999 in Santa Severa bei Rom ein „Forum Europäischer Katholikinnen und Katholiken“.

Das Zusammenwirken von 120 Delegierten aus elf europäischen Ländern, unterstützt von Gästen aus Nord- und Südamerika, in einer „Synode des Kirchenvolkes“ bzw. „Schatten-Synode“ macht deutlich, dass der Ruf nach einer spirituellen wie strukturellen Erneuerung der römisch-katholischen Kirche mittlerweile auch in den romanisch geprägten Länder laut wird.

Die in Santa Severa verabschiedete Erklärung „Europa Hoffnung machen!“ wurde am 11. Oktober 1999 – dem 37. Jahrestag der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils – dem Vatikan und danach den einzelnen Ortsbischöfen übergeben. Damit bezeugen die Internationale Bewegung Wir sind Kirche und das Europäische Netzwerk Kirche im Aufbruch, dass sie nach wie vor für den Dialog auf allen Ebenen in unserer Kirche zur Verfügung stehen.

Die vom Paderborner Weihbischof Dr. Reinhard Marx geäußerte Kritik, dass es den kirchenreformerischen Gruppen nur um strukturelle Fragen ginge, greift ins Leere, da die auf der „Synode des Kirchenvolkes“ formulierte Erklärung in vielen Punkten die Hoffnungszeichen benennt, die die Bischofssynode so schmerzlich vermissen lässt. Gleichwohl haben die strukturellen Fragen eine große Bedeutung, denn auch von namhaften Theologen, Bischöfen und Kardinälen wird seit langem fundierte Kritik am derzeitigen römischen Zentralismus geäußert.


ausführliche Dokumentation:
www.we-are-church.org/forum
http://www.we-are-church.org/forum/

Zuletzt geändert am 15­.05.2006