14.7.2021 - KNA

Weniger Kirchenaustritte und sinkende Einnahmen im Corona-Jahr

Von Joachim Heinz und Rainer Nolte (KNA)

Bonn (KNA) Im Corona-Jahr 2020 haben weniger Menschen ihrer Kirche den Rücken gekehrt. Rund 440.000 Mitglieder traten aus einer der beiden großen Kirchen in Deutschland aus, wie aus den am Mittwoch vorgestellten Statistiken der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hervorgeht. Mit 54 Prozent gehört weiterhin der Großteil der deutschen Bevölkerung einer christlichen Kirche an.

Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Austritte um knapp ein Fünftel zurück. Auch im Erzbistum Köln, wo die Missbrauchsaufarbeitung durch Kardinal Rainer Maria Woelki massiv in der Kritik steht, sank die Zahl der Kirchenaustritte von 24.298 im Jahr 2019 auf 17.281. Im laufenden Jahr zeichnet sich laut Amtsgericht allerdings ein steigender Trend ab.

Als schmerzlich bezeichnete der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die Austrittszahlen. Nach dem Rekordhoch 2019 weisen sie bei den Katholiken mit rund 221.000 den zweithöchsten Wert aus. Viele hätten offenbar das Vertrauen verloren und wollten mit dem Kirchenaustritt ein Zeichen setzen, so Bätzing. Den dahinter liegenden Fragen müsse man sich offen und ehrlich stellen. Dazu gehört an allererster Stelle die gründliche Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs.

Ähnlich äußerte sich der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm: Jeder Kirchenaustritt bekümmert mich. Die evangelischen Landeskirchen aus Württemberg
und Westfalen stellten ebenfalls am Mittwoch eine Studie zu den Motiven eines Kirchenaustritts vor. Distanz zum christlichen Glauben und die Kirchensteuer sind demnach die Hauptgründe.

Die Pandemie sorgte laut den Statistiken auch für Einschnitte im kirchlichen Leben und bei den Kirchensteuereinnahmen. So lag die Zahl der kirchlichen Trauungen in der katholischen Kirche 2020 bei 11.018; im Jahr davor waren es mit 38.537 mehr als drei Mal so viele. In der evangelischen Kirche halbierte sich die Zahl der Taufen im Vorjahresvergleich auf 81.000.

Die Gottesdienstbesuche gingen aufgrund der Corona-Regeln deutlich zurück. Lediglich die Zahl der Bestattungen stieg an: in der katholischen Kirche von rund 234.000 (2019)
auf 236.500 im Jahr 2020. Bei den evangelisch Verstorbenen gab es einen Anstieg von 4 Prozent auf etwa 355.000. Wie erwartet führte die Wirtschaftskrise durch Corona zu einem Rückgang der Kirchensteuereinnahmen. Die katholische Kirche erhielt von ihren 22,2 Millionen Mitgliedern demnach 6,45 Milliarden Euro. Im Bereich der EKD sanken die Steuereinnahmen ebenfalls um rund 5 Prozent auf 5,63 Milliarden Euro von 20,2 Millionen Mitgliedern.

Die Gruppierung Wir sind Kirche sieht die Zahlen als neuerlichen dramatischen Warnruf an die Kirchenleitungen. Die weiterhin massiven Rückgänge seien nicht nur auf die Corona-Krise zurückzuführen. Die zunehmende Entfremdung von der Kirche dürfe aber keinesfalls mit Glaubensabfall gleichgesetzt werden, so die Initiative.

Zuletzt geƤndert am 15­.07.2021