10.3.2020 - Hofheimer Zeitung

Steh auf und geh'

Zukunft Oasentage im Hofheimer Exerzitienhaus / Bundestreffen von "Wir sind Kirche"

Es waren um die 50 Frauen und Männer, die sich am vergangenen Wochenende im Hofheimer Exerzitien-haus getroffen hatten. Sie kamen aus ganz Deutschland angereist, aus Hamburg oder München, um an einem ersten spirituellen Bundestreffen der KirchenVolksBewegung „Wir sind Kirche“, den so genannten Oasen-Tagen, teilzunehmen(die Hofheimer Zeitung berichtete). Es wären noch viel mehr gewesen, wenn nicht aus gesundheitlicher Vorsorge etliche ihr Kommen hätten absagen müssen. Diese bekamen aber von allen unterschriebene Kartengrüße zugesandt, wie z.B. die Mutmacherin Claudia Mönius, der Autor und Liedermacher Günther Doliwa oder der bekannte Kirchenkritiker Hans Küng. „Wir sind eben kein Postfach“, erklärt Christian Weisner vom Bundesteam Wir sind Kirche“, „wir sind gläubige Menschen, die ein großes Anliegen haben.“

Zum Einstieg in die Oasen-Tage hielt Prof. Dr. Wolfgang Beck am vergangenen Freitag Abend das Impuls-referat „Selbst noch im Zorn göttlichen Humor lernen“. Beck ist katholischer Priester, seit 2015 Juniorprofessor für Pastoraltheologie und Homiletik(Predigtlehre) an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt und Mitglied des Sprecherteams für das Wort zum Sonntag.

Am zweiten Tag führte Bruder Stefan Federbusch, Leiter des Hofheimer Exerzitienhauses, einen Bibliolog durch. Dies ist eine Methode der interaktiven Auslegung biblischer Texte in einer Gruppe. Hier ging es um die Stelle aus dem ersten Buch der Könige, Elija am Horeb: „Steh auf und iss, sonst ist der Weg zu weit für dich.“ Du solltest also nicht faul liegen bleiben, aber auch nicht in Übereifer verfallen.

Nach der 45. öffentlichen Wir sind Kirche-Bundesversammlung und einem gemeinsamen Abendessen, wurde eine spontane Programmänderung vorgenommen. Da Claudia Mönius nicht kommen konnte, sprang Eva-Maria Lerch ein. Die studierte katholische Theologin, Anglistin und Pädagogin, ist seit 2014 Redakteurin bei Publik-Forum, der kritischen Stimme innerhalb der christlichen Kirchen. Diese führte mit den Anwesenden ein so genanntes Bibliodrama durch. Dies ist eine kreativ-darstellende Zugangsweise zu biblischen Texten und zur eigenen Persönlichkeit. Die Teilnehmenden übernehmen Rollen und agieren in einem improvisierenden Spiel. Hier ging es um eine Stelle aus dem Evangelium nach Johannes(5, 1-16): „Steh auf, nimm deine Bahre und geh!“ Dies kann man getrost symbolisch durch die Worte ersetzen: „Nimm dein Leben selbst in die Hand!“

Die Abschlussrunde mit Gottesdienst fand am Sonntag Morgen statt. Einige mussten sich schon verabschieden, es war aber immer noch eine stattliche Runde von ca. 35 Personen. „Wir werden auch einen Brief mit liebem Gruß an Papst Franziskus schicken“, so Weisner. Sigrid Grabmeier kommt aus Deggendorf im Bistum Regensburg und ist Mitglied des Bundesteams. Sie moderierte einen etwas anderen Gottesdienst, mit Brot und Wasser. „Was habt ihr erlebt, was nehmt ihr mit und was lasst ihr los“, fragte sie die Anwesenden.

Wichtiges Miteinander

Da konnte man folgende Stichworte hören: „Wir können und wollen die Kirche nicht neu erfinden, aber die Tage haben mich wieder aufgebaut“, „Wir brauchen mehr Spiritualität, nicht nur sachliche Tagungen“, oder „Die Gemeinschaft mit lieben Menschen spendet Kraft“. Bruder Stefan machte Mut mit den Worten: „Jeder ist ein Tempel Gottes, jeder ist ein Geistlicher.“ Er bedauerte, dass es nur wenige spirituelle Erfahrungsräume gäbe, wo Menschen das erleben dürften. In Hofheim gibt es einen solchen Ort.

In den Fürbitten kam zur Sprache, dass Papst Franziskus nicht nur nach oben, sondern auch nach unten hören möge, dass die Kirche nicht nur von Veränderung reden, sondern den Mut zu echter Veränderung aufbringen müsse. Die Kirche in Deutschland habe sich auf den synodalen Weg gemacht, davon würde auch das Schicksal der Weltkirche abhängen.

Dieses erste spirituelle Bundestreffen, werde als große Bereicherung in die zukünftige Arbeit einfließen. „Wir dürfen keine Verbitterung aufkommen lassen“ so Bruder Stefan, „wir dürfen uns gegenseitig nicht absprechen, auf dem wahren Weg zu sein.“ Ein Miteinander sei immer wichtig, auch mit Eifer für seine Sache einzutreten. Übereifer allerdings, führe zu Fundamentalismus. „Es wäre doch schlimm, wenn wir uns gegenseitig das Katholisch sein absprechen würden“, warnt Bruder Stefan. Dabei sei auch Humor, in Hinsicht auf Leichtigkeit sehr wichtig. Humor habe doch auch etwas mit Humus zu tun. Man sollte also immer gut geerdet sein.

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Zuletzt geƤndert am 10­.03.2020