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Veröffentlicht am 21­.02.2019

21.2.2019 - Mannheimer Morgen

„Die Kleriker sind ein Teil des Problems“

Missbrauch Studienleiter verlangt unabhängige Analyse

Rom/Mannheim.Der Leiter der deutschen Studie zum Thema Missbrauch in der katholischen Kirche, der Mannheimer Psychiater Harald Dreßing, hat eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung der Fälle verlangt. „Wir haben für unsere Studie ja nur anonymisierte Daten erhalten. Jetzt müsste eine neutrale Kommission die Akten einsehen und Ross und Reiter benennen“, sagte der Leiter der Forensischen Psychiatrie am Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit dieser Zeitung.

Die katholische Kirche will ab heute bei einem historischen Gipfel zum Missbrauchsskandal die Weichen für die Zukunft stellen. Opfervertreter fordern Papst Franziskus auf, bei dem Treffen im Vatikan den Worten Taten gegen den Missbrauch von Kindern folgen zu lassen. Zu dem Gipfel kommen die Spitzen der Bischofskonferenzen der Welt nach Rom. Dutzende Missbrauchsopfer sind angereist, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Dreßing, der die große Missbrauchsstudie im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz mit verfasst hatte, dämpft die Erwartungen. Es gehe nicht um die Befriedigung von Rachegefühlen. Eine Untersuchung sei notwendig, damit die Strukturen des Missbrauchs analysiert werden könnten, um in Zukunft Vorbeugung zu betreiben.

Papst vor „Schicksalsgipfel“

Vor dem Treffen in Rom kamen zwölf Opfer mit den Organisatoren zusammen. Allerdings trafen sie nicht wie erhofft den Papst. Dreßing kritisierte, dass die Missbrauchsopfer beim Gipfel viel zu wenig einbezogen würden. „Dabei sind die Betroffenen die eigentlichen Experten für die Analyse und die Aufarbeitung. Die Kleriker sind ja ein Teil des Problems und können deshalb nicht federführend in der Aufarbeitung sein“, sagte er.

Für die Reformbewegung „Wir sind Kirche“ ist das Treffen im Vatikan „ein Schicksalsgipfel“ für den Papst und die Kirche. Sprecher Christian Weisner sagte in München: „Wir brauchen klare Anweisungen, wie mit Verdachtsfällen umzugehen ist.“ Es sei wichtig, dass die katholische Kirche weltweit sexuellen Missbrauch als Verbrechen anerkenne. dpa/was

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Zuletzt geändert am 21­.02.2019