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Veröffentlicht am 07­.07.2018

7.7.2018 - evangelisch.de / epd

Abendmahls-Streit: "Wir sind Kirche" warnt vor "ökumenischem Flickenteppich"

Reformkatholik Weisner sieht keinen großen Wandel für kirchliche Praxis durch neue Orientierungshilfe

epd-Gespräch: Stephan Cezanne (epd)

Frankfurt a.M./München (epd). Nach Ansicht der katholischen Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" wird die Orientierungshilfe zur vereinzelten Zulassung von Protestanten zum katholischen Abendmahl die kirchliche Praxis kaum beeinflussen. Zwar habe die Diskussion konfessionsverbindende Paare aufgewertet und man sehe, dass theologisch grundsätzlich etwas möglich ist, sagte Christian Weisner vom "Wir sind Kirche"-Bundesteam in München dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die "unsägliche Auseinandersetzung" zwischen den katholischen Bischöfen habe jedoch auch eine große Verunsicherung in den Gemeinden und der Ökumene ausgelöst.

Weisner befürchtet einen "ökumenischen Flickenteppich" durch die unterschiedliche Anwendung der Orientierungshilfe. Zahlreiche Bistümer hatten in den vergangenen Tagen angekündigt, konfessionsverbindende Ehepaare bei einer gemeinsamen Gewissensentscheidung durch Geistliche zu begleiten und die katholische Kommunion dann für Protestanten im Einzelfall zu öffnen. Andere haben sich noch nicht dazu geäußert. Nachdem der Vatikan die Veröffentlichung der Handreichung Anfang Juni überraschend zurückhielt, wurde das Papier als Orientierungshilfe für die einzelnen Bischöfe veröffentlicht, aber nicht als offizielle Erklärung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, wie ursprünglich geplant.

Die jetzt veröffentlichte Orientierungshilfe zur Kommunion sei noch kein Schritt hin zu einem gemeinsamen Abendmahl. "Das wäre schön, meine Einschätzung ist leider eine andere", bilanzierte Weisner. Ein wichtiges Zwischenziel auf dem Weg zur gemeinsamen Mahlfeier sei allerdings die gegenseitige Gastfreundschaft bei Eucharistie und Abendmahl - "und die haben wir ja eigentlich schon vielfach in der Praxis."

"Es war keine theologisch produktive Auseinandersetzung, sondern ein eher fundamentalistischer Streit, der da zwischen Kardinälen und Bischöfen ausgetragen wurde", beklagte Weisner: "Dies wird auch in der Ökumene im Gedächtnis bleiben, leider." An solchen Scheingefechten haben die Menschen absolut kein Interesse mehr. Er sehe da durchaus "Parallelen zum Streit zwischen Seehofer und Merkel".

"Wenn wir uns die wirklich großen Probleme in der Welt anschauen und dann Bischöfe wegen eines Streits in einer Glaubensfrage extra vom Papst nach Rom gebeten werden, müsse man doch fragen: Hallo, habt ihr die Zeichen der Zeit nicht erkannt?", empört sich Weisner. "Solange wir die konfessionsverbindenden Ehen und Familien nicht mit offenen Armen aufnehmen, verlieren die Kirchen den Kontakt zu diesen Menschen doch noch viel mehr." Was die Menschen "an die Kirche binden soll, treibt sie letztlich von ihr weg", kritisierte der "Wir sind Kirche"-Sprecher.

Die katholischen Bischöfe seien in ihrer Auseinandersetzung zu sehr auf "dogmatische und kirchenrechtliche Belange fixiert", führte Weisner weiter aus. Im Vordergrund habe gestanden, "dass kirchenrechtlich alles korrekt geht". Zudem sei es oftmals eher um Personen als um Sachfragen gegangen, sagte der Reformkatholik: "Das ist letztlich kein gutes Signal, und dieser Streit ist auch nicht durch die Veröffentlichung der Orientierungshilfe beendet."

In anderen Ländern sei man da schon weiter. Es gebe weltweit verschiedene Bischofskonferenzen, wo es entsprechende Regelungen gibt, seines Wissens etwa in Kanada oder Südafrika. Weisner: "In Deutschland ist die Diskussion ja so intensiv, weil die Zahl der Katholiken und Protestanten in etwa gleich stark und Deutschland das Mutterland der Reformation ist." Er hoffe daher jetzt auch auf eine Lösung auf Weltebene durch die römische Glaubenskongregation.

Seine ganze Hoffnung auf mehr Nähe zwischen den Christen beim Abendmahl setzte er jetzt auf den 3. Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt am Main. Allerdings seien damals auch von offizieller Seite geäußerte Erwartungen für die ersten beiden Ökumenischen Kirchentage 2003 in Berlin und 2010 in München enttäuscht worden, gab sich Weisner skeptisch. Aber jetzt haben wir einen anderen Papst.

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Zuletzt geändert am 15­.08.2018