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Veröffentlicht am 20­.03.2018

20.3.2018 - nuus.de

„Zeitbedingte Festlegungen haben keinen Ewigkeitswert“

Wir sind Kirche zur aktuellen Diskussion der Enzyklika „Humanae vitae“ aus dem Jahre 1968

München - Rom: 50 Jahre nach der Enzyklika "Humanae vitae" von Papst Paul VI. kommt es zu neuem Streit: Der Papst habe nicht die Macht, das kirchliche Verbot künstlicher Verhütungsmittel aufzuheben oder zu lockern, wird argumentiert. Dem widerspricht die KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche.

1. Das Verbot künstlicher Verhütungsmittel ist eine zeitbedingte Festlegung
Wir sind Kirche legt Wert darauf: Eine in eine bestimmte Zeit hinein gesprochene Aussage ist keine Festlegung, die Ewigkeitsanspruch erheben kann. Das "Volk Gottes unterwegs" muss zu ständiger Reform bereit sein. Auch eine christliche Lehre vom Menschsein (Anthropologie) bedarf immer wieder der Interpretation, damit sie die Menschen leben können. Alles andere ist geschichtsloses Denken. Trotz seiner ausführlichen Beschäftigung mit der Ehe hat das Zweite Vatikanische Konzil (GS 51, 52) die künstliche Geburtenregelung nicht verboten. Die diesbezüglichen Aussagen der Enzyklika in den Rang einer verbindlichen Glaubenslehre zu stellen, verfängt nicht. Aus der Bibel lassen sich keine Gründe herleiten, welche die gegenwärtige katholische Lehre stützen, dass künstliche Empfängnisverhütung zur Familienplanung ausnahmslos unsittlich sein sollte. In bestimmten Fällen ist sie sogar eine ethische Pflicht. So urteilen viele Theologinnen und Theologen.

2. Der Sensus fidelium, der Glaubenssinn des Gottesvolkes, muss beachtet werden.
Das Verbot der künstlichen Empfängnisverhütung wird von vielen Kirchenbürgerinnen und Kirchenbürgern nicht akzeptiert. Schon bei ihrem Erscheinen hat die Enzyklika "Humanae Vitae" der päpstlichen Lehrautorität schweren Schaden zugefügt und beim größten Teil des Kirchenvolkes geriet sie zu Recht in Vergessenheit. "Verantwortete Elternschaft" und "Gewissensentscheidung" dürfen nicht kleingeredet werden. Das Gewissen steht über dem Papst, lehrt das Konzil: "Das Gewissen ist die verborgene Mitte und das Heiligtum im Menschen, wo er allein ist mit seinem Gott, dessen Stimme in diesem seinen Innersten zu hören ist" (GS 16). Wenn die Kirchenleitung dem Rechnung trägt, ist sie auf dem richtigen Weg und gewinnt verloren gegangenes Vertrauen zurück. Denn die Gesamtheit der Gläubigen kann im Glauben nicht irren. "Vox populi vox dei - die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes."

3. Die "Unfehlbarkeit des Papstes" widerspricht dem Neuen Testament
Unfehlbarkeit bedeutet nicht, dass ein Papst keinen Fehler macht. Sie gilt nur, wenn er "ex cathedra", vom Lehrstuhl aus, etwas als von allen zu glauben vorlegt. Das darf aber dem biblischen Denken nicht widersprechen. Das Unfehlbarkeitsdogma von 1870, gepaart mit dem Primat des Papstes, der höchsten Gewalt in der Kirche, die den Papst zum unangefochtenen Monarchen macht, ist biblisch aber nicht grundgelegt. Dies gilt auch für die Ausweitung der Unfehlbarkeit auf alle über die Welt verstreuten Bischöfe, wie es das Zweite Vatikanische Konzil festlegte (LG 25).

Das Unfehlbarkeitsdogma dient der Machterhaltung nicht nur des Papstes, sondern der ganzen Kirchenleitung und öffnet dem spirituellen Missbrauch Tür und Tor. Der Papst, ein Mensch, steht nicht an der Stelle Gottes, auch wenn er seinen Titel "Heiliger Vater" trägt. Dagegen soll Petrus seine Brüder und Schwestern stärken, sie nicht beherrschen und ihnen vorschreiben, was sie zu glauben haben. Auch dies verlangt eine Reform kirchlicher Lehrautorität. Papst Franziskus betont wieder die Synodalität der Kirche. Wir sind Kirche fordert Synoden in den einzelnen Bistümern und eine gesamtdeutsche Synode, in der Kirchenleitung und Kirchenvolk gemeinsam verbindliche Beschlüsse fassen.

4. Die Botschaft vom Reich Gottes ist kein Gesetz
Wir sind Kirche beklagt die Vergesetzlichung der römisch-katholischen Kirche: "Der Buchstabe tötet, der Geist macht lebendig." Richten wir uns neu an der Botschaft vom Reich Gottes aus, statt uns im Dschungel von Paragraphen zu verheddern.

 

Lese-Tipp:
Erklärung katholischer Theologinnen und Theologen zur Ethik empfängnisverhütender Mittel
Wijngaards Institute for Catholic Research, August 2016
> www.wijngaardsinstitute.com

 

http://www.nuus.de/nachrichten/lokalnachrichten/detail/artikel/zeitbedingte-festlegungen-haben-keinen-ewigkeitswert/

Zuletzt geändert am 15­.04.2018