21.1.2018 - sueddeutsche.de

"Wir sind Kirche" begrüßt Aufarbeitung im Bistum Regensburg

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München (dpa/lby) - Die katholische Laienbewegung "Wir sind Kirche" hat die weitere Aufarbeitung früherer Misshandlungen durch Kirchenmitarbeiter im Bistum Regensburg begrüßt. Der Zwischenbericht des Bistums lasse jedoch Transparenz vermissen, wann und in welchen Einrichtungen die Vorfälle genau stattfanden, sagte "Wir sind Kirche"-Sprecher Christian Weisner am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in München. Es bleibe offen, ob es sich um Kindergärten, Schulen oder Internate gehandelt habe.

In einem Zwischenbericht hatte das Bistum mitgeteilt, dass im vergangenen Jahr insgesamt 178 000 Euro an Opfer körperlicher Gewalt durch damalige Kirchenmitarbeiter gezahlt wurden. Es ging bei den hier genannten Gewaltopfern nicht um die Fälle bei den Regensburger Domspatzen, sondern nach Angaben eines Kirchensprechers um Fälle in anderen Einrichtungen.

Dem Zwischenbericht zufolge stellten im vergangenen Jahr 75 Personen einen Antrag auf Anerkennung erlittener körperlicher Gewalt. Bis zum Jahresende wurden 47 Fälle abschließend bearbeitet; 45 Zahlungen seien dazu geleistet worden, zwei stünden noch aus.

Schon bei der Vorstellung des Abschlussberichts zu den Regensburger Domspatzen, wonach mindestens 547 Chorknaben in den vergangenen Jahrzehnten Opfer körperlicher oder sexueller Gewalt wurden, hatte "Wir sind Kirche" im Juli 2017 weitere Aufklärung zu möglichen Vorfällen in anderen Einrichtungen des Bistums gefordert. Dieses hatte für solche Fälle schon Monate zuvor den Nürnberger Rechtsanwalt Andreas Scheulen als Ansprechpartner benannt. Bei dem am vergangenen Freitag vorgestellten Zwischenbericht handelt es sich um die erste Veröffentlichung zu Misshandlungen in anderen Einrichtungen des Bistums.

"Ich möchte mich bei allen Personen bedanken, die sich beim Bistum Regensburg 2017 mit ihren Schilderungen erlittener körperlicher Gewalt gemeldet haben, deren Opfer sie als Kinder wurden", erklärte Generalvikar Michael Fuchs in dem Bericht. "Wir haben verstanden, wie tief diese Übergriffe verletzten, demütigten und wie oft sie zu Folgen für den ganzen weiteren Lebensweg führten", sagte er. "Geschildert wurden brutale und unmenschliche Übergriffe, die auch zu den berichteten Tatzeitpunkten von dem damals geltenden Züchtigungsrecht in keiner Weise gedeckt waren." Die Kinder seien den Übergriffen schutzlos ausgeliefert gewesen. Die Schilderungen seien ihm sehr zu Herzen gegangen und beschämten ihn als Priester sehr.

Der zeitliche Schwerpunkt der dargelegten Straftaten liegt dem Bericht zufolge in den 1960er und 1970er Jahren, die Beschreibungen reichen aber noch bis in das Jahr 1986. "Die beschuldigten Täterinnen und Täter sind verstorben oder in einem Alter und Gesundheitszustand, der es nicht erlaubt, die Auseinandersetzung mit den Vorwürfen zu fordern", heißt es weiter in dem Bericht. An ihrer Stelle und im Namen des Bistums bat der Generalvikar um Vergebung.

"Wir sind Kirche" nannte es befremdlich, dass das Bistum nicht bereit sei, die noch lebenden Täterinnen und Täter mit den Vorwürfen zu konfrontieren, sondern mit dem pauschalen Argument des Alters und des Gesundheitszustandes die Auseinandersetzung vermeide. Sprecher Weisner erklärte, angesichts der Dimension der vom Bistum selbst eingestandenen Körperverletzungen und Demütigungen erschienen die genannten Summen für die Opfer von maximal 5000 Euro und durchschnittlich knapp 4000 Euro eher gering und keinesfalls geeignet, um zum Beispiel therapeutische Behandlungen auch nur ansatzweise abzudecken.

http://www.sueddeutsche.de/news/panorama/kirche---regensburg-wir-sind-kirche-begruesst-aufarbeitung-im-bistum-regensburg-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-180121-99-733171

Zuletzt geändert am 22­.01.2018