25.4.2014 - Kleine Zeitung

Franziskus spricht am Sonntag zwei Päpste heilig

Papst Franziskus spricht am Sonntag in einer feierlichen Zeremonie zwei seiner Vorgänger der Neuzeit heilig, Johannes Paul II. und Johannes XXIII. Hunderttausende Pilger reisen dafür aus aller Welt nach Rom an. Dutzende Staatspräsidenten, Regierungschefs und Vertreter von Königshäusern wollen ebenfalls dabei sein. Tausende Carabinieri und Helfer sorgen rund um den Petersplatz für Sicherheit.

Vielleicht gesellt sich auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. dazu; eingeladen ist er. Dann könnten zwei lebende Päpste zwei ihrer Vorgänger feiern - ein in der Kirchengeschichte einmaliger Vorgang.

Der eine war der Papst aus dem Osten, von jenseits des "Eisernen Vorhangs". Schon allein das machte die Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Wojtyla zum Oberhaupt der katholischen Kirche 1978 zur Sensation. Der erste Nicht-Italiener auf dem Petersthron seit mehr als 450 Jahren war ganz anders - geprägt noch von der Erfahrung mit zwei Diktaturen, der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg und dem Stalinismus, in dem für Kirche und Religion kein Platz sein sollte.

"Santo subito" (heilig sofort), hatten die Gläubigen nach seinem Tod 2005 verlangt. Nach einem bemerkenswert raschen Verfahren wird er nun ein Heiliger - gemeinsam mit dem "Konzilspapst" Johannes XXIII.

Rom steht damit am "Sonntag der göttlichen Barmherzigkeit" direkt nach Ostern vor der Heiligsprechung mit der größten Resonanz in der Geschichte der katholischen Kirche. Werden es "nur" Hunderttausende sein oder aber mehr als eine Million, die auf dem Petersplatz oder vor einem der 17 Großbildschirme in der Ewigen Stadt die feierlich von Jorge Mario Bergoglio vollzogene Zeremonie verfolgen?

Immerhin wird der Pole Karol Wojtyla (1920-2005) nicht allein in diesen Stand gehoben. Franziskus hatte entschieden, gleichzeitig auch Johannes XXIII. (1881-1963) heiligzusprechen, der wegen seiner Demut und Volksnähe gern "der gute Papst" genannt wird. Sie waren sehr unterschiedlich, aber bei beiden hat die Kirche gute Gründe, sie zu Heiligen zu erheben.

Johannes Paul II. trug seinen Teil dazu bei, dass der kommunistische Osten in sich zusammenfiel. Er besuchte als der "eilige Vater" auf Reisen alle Welt und nahm die Gebrechlichkeit des Menschen in einem langen Leiden auf sich. Johannes XXIII. brachte seiner Kirche vor fünf Jahrzehnten unerwartet viel frische Luft, verordnete ihr mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) und seinen Reformen einen großen Schritt in die Jetztzeit. Daran kann Franziskus anknüpfen.

Als Johannes Paul auf seiner ersten Pilgerreise in seine polnische Heimat 1979 auf dem Warschauer Siegesplatz zu den Gläubigen sprach, rief er aus: "Dein Geist komme und erneuere das Antlitz der Erde - dieser Erde!" Viele Polen begriffen das Gebet als Aufruf zur Veränderung. Gut ein Jahr später streikten die Arbeiter auf der Danziger Lenin-Werft und trotzten der kommunistischen Regierung die erste unabhängige Gewerkschaft im sowjetischen Machtbereich ab.

Für den 1920 in der südpolnischen Kleinstadt Wadowice geborenen Wojtyla war die Kirche früh gegenwärtig. Es dürften die Erfahrungen mit jüdischen Kameraden in der Kindheit gewesen sein, die zum Dialog des späteren Papstes mit dem Judentum beitrugen - als erster Pontifex seit Petrus besuchte er 1986 die Synagoge von Rom. Mit nur 38 Jahren Weihbischof in Krakau, wurde er 1964 Erzbischof und 1967 Kardinal.

Mit 26 Jahren und fünf Monaten war das Pontifikat des "Medienpapstes" Wojtyla eines der längsten der Kirchengeschichte. Seine Offenheit und die Reiselust (er besuchte 127 Länder), das Attentat auf ihn, seine Parkinson-Erkrankung und tiefste Marienverehrung prägten sein Image.

Während die weltweite Verehrung des charismatischen Polen riesig war, galt der Norditaliener Angelo Giuseppe Roncalli zunächst nur als Übergangspapst. Der Mann aus der Provinz Bergamo ging dann aber als der Papst in die Geschichte ein, der die Kirche mit dem Konzil aus der Starre holte, die Einheit der Christen und das Zusammengehen mit anderen Religionen förderte. Dass Franziskus ihn so überraschend ohne das sonst doch notwendige zweite Wunder zum "vorbildlichen Christen" erhebt, ist eine Ehrenbezeugung für den geschätzten Vorgänger. Bei Wojtyla gab es dieses Wunder - die Heilung einer Frau aus Costa Rica, die in Gebeten den Polen um Hilfe angerufen hatte.

Doch Johannes Paul II. ist bei aller Popularität nicht unumstritten. So hatte er sich für einen streng konservativen Kurs den Deutschen Joseph Ratzinger als Chef der Glaubenskongregation geholt. Franziskus wolle mit den Heiligsprechungen zwei sehr unterschiedliche Flügel der Kirche miteinander versöhnen, meinte die Laienorganisation "Wir sind Kirche". Der Pole verantworte einen "Rückfall in zentralistische und autoritative Strukturen". Nicht heilig finden ihn auch manche, da er vor sexuellem Missbrauch in der Kirche die Augen verschlossen habe.

Wie auch immer: Allein der polnische Papst, der die Massen vor allem auch durch das Leiden bis zum Tod für sich eingenommen hatte, macht die Heiligsprechungen nicht nur zu einem historischen, sondern auch zu einem erstrangigen medialen Ereignis. Der Vatikan schaltete dafür eine Internetseite frei, die Zeremonie soll in mindestens 20 Länder in 3D übertragen werden. Und Public Viewing gibt es auch in Polen.

Den Pilgern in Rom stehen in der Nacht vor dem sonntäglichen Event auf dem Petersplatz elf Kirchen offen. Und für Entertainment sorgt auch das Musical "Johannes Paul II." aus Krakau im römischen Teatro Brancaccio - so wird es eine Heiligsprechung mit Unterhaltungswert. Quelle: APA

http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/3613807/franziskus-spricht-sonntag-zwei-paepste-heilig.story

Zuletzt geändert am 26­.04.2014