14. September 2006 - Der Standard

"Wir sind Kirche" fordert Priesterinnen statt Marien-Verehrung

Reformbewegung enttäuscht über Marien-Predigt des Papstes in Altötting

München - Mit Enttäuschung hat die Reformbewegung "Wir sind Kirche" auf den Appell des Papstes zu verstärkter Marienfrömmigkeit reagiert. "Damit kann man modern denkende Menschen nicht mehr für den Glauben gewinnen", sagte der Sprecher von "Wir sind Kirche", Matthias Weisner, am Montag der dpa in München. Papst Benedikt XVI. hatte zuvor bei seinem Gottesdienst in Altötting die zentrale Bedeutung der Marienfrömmigkeit für den katholischen Glauben hervorgehoben.

Urbayrische Frömmigkeit

"Joseph Ratzinger kommt selber aus einem Milieu urbayerischer Frömmigkeit", sagte Weisner. Aber diese streng konservative Frömmigkeit finde auch in Bayern heute keinen breiten Rückhalt mehr. "So hindert auch die rigide Sexualmoral des Vatikans viele Menschen daran, in der katholischen Kirche ihren Glauben zu leben." Allerdings wolle er in seiner Kritik nicht so weit gehen wie der Kabarettist Mathias Richling, sagte Weisner. Richling hatte vor kurzem zu den Positionen des Papstes gesagt, es sei immer wieder schön zu hören, wie die Menschen vor 500 Jahren gedacht hätten.

Mehr Wertschätzung für Frauen

Wenn der Papst den Blick der Gläubigen wieder mehr auf Maria gerichtet sehen wolle, dann sollte die katholische Kirche den Frauen endlich mehr Wertschätzung einräumen, erklärte Weisner. "Frauen müssen an der klerikalen Macht beteiligt werden und zum Amt als Diakonin oder Priesterin zugelassen werden." Damit könnte auch dem Priestermangel begegnet werden, betonte Weisner. "Wenn der Papst selbst die Kraft für diese Reformen nicht mehr hat, dann sollte er wenigstens zum Denken in diese Richtung ermutigen." Auch der Zölibat (Gebot der Ehelosigkeit) müsse auf den Prüfstand, weil er viele junge Männer von der empfundenen Berufung zum Priesteramt abhalte. (APA/dpa)

Zuletzt geändert am 19­.09.2006