21.11.2009 - kipa/apic

Wien: Theologen orten "Reformbedarf" in der Kirche

Wien, 21.11.09 (Kipa) Der Luzerner Bibelwissenschaftler Walter Kirchschläger ortete am Freitag, 20. November, in Wien bei einem gemeinsamen Enquete der "Laien-Initiative", der "Pfarrer-Initiative", der Gruppierung "Priester ohne Amt" (PoA) und der Initiative "Wir sind Kirche" Reformbedarf in der katholischen Kirche. In seinem Grundsatzreferat über eine "Kirche in der Nachfolge Jesu Christi" plädierte Kirchschläger für "Subsidiarität statt Zentralismus, ’kreative Theologie’ statt Beharrlichkeit".

Kirchschläger bedauerte, dass seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil ein "immer dichteres Netz an Reglementierungen" über die Kirche gespannt wurde. Auch Bischöfe seien "unter Kuratel gestellt" worden, Kollegialität werde bestenfalls "beschworen statt gelebt". Entscheidungen würden intransparent erfolgen, die Suche nach Begründungen erweise sich oft als "Jagd nach Indiskretionen", so Kirchschläger.

Der Theologe unterstrich, dass Ortskirchen nach biblischem Zeugnis als vollwertige Gestalt der Kirche Christi zu sehen sind und nicht etwa als "Zweigstellen einer Zentrale in Rom". Statt zentralistischer Bischofsbestellungen empfahl Kirchschläger den Usus in Ordensgemeinschaften, die den synodalen Modus einer Entscheidungsfindung seit jeher erfolgreich vorlebten.

Notwendige Strukturreformen

Weitere Referenten der Enquete waren der Innsbrucker Pastoraltheologe Paul Wess, der das Jesuswort "Ihr alle aber seid Geschwister" aus dem Matthäusevangelium zum Ausgangspunkt notwendiger Strukturreformen in der Kirche nahm, der emeritierte Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann und der emeritierte Linzer Rechtswissenschaftler Heribert Franz Köck.

Liebmann zeigte anhand der Geschehnisse im Unfeld des Konzils von Konstanz (1414-1418) auf, dass Laien "rettend" auch bei Kirchenkrisen wirken können. In der damaligen Situation von konkurrierenden Päpsten hätten sich Konzilsentscheidungen als tragfähiger als päpstliche Machtansprüche erwiesen. Köck forderte aus inhaltlichen und formalen Gründen die Umsetzung von "Menschenrechten in der Kirche" in.

Argumente statt Lamento

Anliegen der Enquete war es - wie Moderator Hubert Feichtlbauer eingangs sagte - nicht zu "lamentieren" oder zu "agitieren", sondern zu argumentieren. Im Entwurf einer "Entschliessung" der vier Initiativen hiess es, dass die katholische Kirchenordnung in vielen Bereichen nicht mit heute unumstrittenen Grund- und Menschenrechten in Einklang zu bringen sei. Dies mache die Kirche zu einem "Fremdkörper" moderner Gesellschaften und sei ihrem Wohl und Fortbestand als grundsätzlich "relevantem Faktor" abträglich. Die Kirchenleitung habe hier "arge Versäumnisse" zu verantworten, wenn sie das anderswo eingeforderte Subsidiaritätsprinzip im eigenen Bereich missachte und Reformbemühungen "ins Leere laufen" lasse und "nicht einmal in einen geordneten Dialog mit den längst weltweit auftretenden Reformkräften" trete.

Ein Redaktionsteam unter Leitung des katholischen Publizisten Peter Pawlowsky soll eine Endfassung der "Entschliessung" erstellen. Für den Juni 2010 ist in Batschuns (Vorarlberg) eine Folgetagung geplant. Dabei soll es um die Frage gehen: "Kann eine von Gott geführte Kirche demokratische Strukturen haben?"

(kipa/w/ak)





Ausführlicher Bericht: http://www.wir-sind-kirche.at/content/index.php?option=com_content&task=view&id=386&Itemid=37

Zuletzt geändert am 23­.11.2009