10.11.2009 - Süddeutsche Zeitung

Ängste und Visionen. Katholiken und Protestanten debattieren übers Abendmahl

Es ist eine charmante Bitte, mit der der Chefredakteur des Evangelischen Sonntagsblattes, Helmut Frank, die Podiumsteilnehmer am Ende der Diskussion konfrontiert. Sie sollen sagen, was sie an der je anderen Konfession besonders mögen. Dass die Kirchenmusik eine so große Rolle bei den Protestanten spielt, fällt Helmut Mangold ein, dem früheren Vorsitzenden des Landeskomitees der Katholiken in Bayern. Die Parität zwischen Männern und Frauen, die synodale Verfassung. Michael Martin, der Ökumenereferent der evangelischen Landeskirche, weiß ebenfalls einiges beizutragen: dass die Katholiken sich so anschauliche Zeichen wie die Taufkerze bewahrt haben, die „wir erst wieder einführen mussten”.

Eingeladen zu einem „Abend für die Ökumene” hatten das Sonntagsblatt und der evangelische Kirchenkreis – und es kamen so viele Teilnehmer in die Schwabinger Kreuzkirche, dass der Gemeindesaal beim Stehempfang überquoll. Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler skizzierte ihre Vision einer Kirche im Jahr 2030. Mehr Begeisterungsfähigkeit müsse von der ausgehen, sie müsse Skeptikern ein Zuhause bieten und eine diakonische Kirche sein, wünscht sich Breit-Keßler. An den evangelischen Präsidenten des 2. Ökumenischen Kirchentags (ÖKT), Eckhard Nagel, geht eine Sonderfrage: was ihm am Papst gefällt. Da wird Nagel so wortkarg, wie es sonst gar nicht seine Art ist: „Ich bin überzeugter Lutheraner”, sagt er und schweigt.

Trotzdem ist es ein Abend der Freundlichkeiten, an dem sich abzeichnet, dass die Debatte um das gemeinsame Abendmahl auf dem im Mai kommenden Jahres in München stattfindenden Kirchentag großen Raum einnehmen wird, auch wenn die Veranstalter dies partout nicht wollen. Gleichzeitig aber fürchten sie, dass Reformgruppen wie „Wir sind Kirche” eine solche, nach katholischem Verständnis verbotene Feier planen. Beim ersten Ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin habe man gesehen, so Martin, „dass eine gemeinsame Eucharistie, die feiert, was noch nicht ist, zum Schaden der Ökumene ist”. Allerdings: „Da könnte schon etwas kommen”, ist Mangold überzeugt. Er hatte seine Bischöfe gebeten, sich vorher Gedanken zu machen, wie man diesmal mit einem Priester umgeht, der sich über das Verbot hinwegsetzt. Damit die Situation nicht wieder – auch medial – so eskaliert wie in Berlin. Ein „Unglück” wäre für Mangold solch eine Feier, wobei der Medizinprofessor Nagel kontert, er als Rettungssanitäter verstehe unter einem Unglück doch etwas anderes. Man solle, rät er, die Abendmahlsfrage „nicht hochstilisieren zum größtmöglichen Eklat”.

Ein Versuch in diese Richtung ist wohl die Agapefeier, die am 14. Mai 2010 auf dem Odeonsplatz stattfinden wird. Dort sollen unter freiem Himmel Christen nach der orthodoxen Tradition der Artoklasia zwar Brot teilen – aber nicht Eucharistie feiern. Die Anleihe bei den Orthodoxen, die der Münchner Erzpriester Apostolos Malamoussis vorgeschlagen hatte, ist kirchenrechtlich einwandfrei. An eine „Tischgemeinschaft”, an ein „Sättigungsmahl” ist gedacht. Wie die Feier sich genau gestaltet, ist noch in der Diskussion. Monika Maier-Albang

Zuletzt geändert am 14­.11.2009