18.2.2008 - Der Spiegel

"Es wäre eine Revolution" (Auszug zum Thema Zölibat)

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SPIEGEL: Eine andere Tradition, die zu Ihrer Kirche gehört, ist der Zölibat. Er schreckt viele junge Männer ab, Priester zu werden. Wann fällt er?

Zollitsch: Sie werden verstehen, dass jemand, der lange in der Priesterausbildung tätig und später Personalreferent war, viel über diese Frage nachdenkt. Einerseits ist die Ehelosigkeit des Priesters ein großes Geschenk für unsere Kirche. Es ist immer wieder die Entscheidung, die Herausforderung: Ist Gott die Realität, für die ich alles auf diese Karte setze? Ohne die Verbindung zwischen Priesterweihe und Ehelosigkeit würden wahrscheinlich nur sehr wenige mit diesem Ernst darüber nachdenken. Wir merken jedoch bei uns, dass der Ordensnachwuchs weniger wird, weil die Herausforderung des Evangeliums schwer zu vermitteln ist. Und natürlich ist die Verbindung zwischen Priestertum und Ehelosigkeit nicht theologisch notwendig.

SPIEGEL: Man könnte sich unter dem Verweis auf den erheblichen Nachwuchsmangel einfach vom Zölibat verabschieden.

Zollitsch: Sie merken ja, dass ich da gegen Denkverbote bin. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass sich Bischöfe etwa aus Indien oder aus Afrika wundern, dass wir in Deutschland an dieser Tradition rütteln wollen.

SPIEGEL: Würde Ihrer Kirche der Abschied vom Zölibat eher guttun oder eher schaden?

Zollitsch: Es wäre eine Revolution, bei der ein Teil der Kirche nicht mitginge.

SPIEGEL: Können Sie sich denn vorstellen, dass der Zölibat zuerst in einigen Ländern aufgehoben wird, oder muss das gleich in der ganzen Welt geschehen?

Zollitsch: So, wie sich die katholische Kirche versteht, müsste das für die ganze Welt geändert werden. Schon bei zwei Bischofssynoden in Rom war aber jedes Mal die große Mehrheit gegen eine Änderung. So etwas könnte in meinen Augen auch nicht verändert werden, ohne ein neues Konzil einzuberufen; denn das würde sehr in das innere Leben der katholischen Kirche eingreifen.

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Zuletzt geändert am 25­.02.2008