Bundesversammlung Essen

„Essener Hahnenschrei“ gegen Bevormundung und für selbstbewusstes Handeln der Gläubigen

Wir sind Kirche-Bundesversammlung zeigt Wege aus der Sackgasse von Priestermangel, Pfarreienfusionen und Gemeindesterben.


Pressemitteilung Essen/ München, 24. Oktober 2010

Mit dem „Essener Hahnenschrei“ rief die 28. Bundesversammlung der KirchenVolksBewegung Wir sind Kirche an diesem Wochenende in der Stadt Essen die Gläubigen angesichts der Neustrukturierung der Seelsorge in den deutschen Bistümern auf: „Lasst euch nicht bevormunden, sondern tut selbstbewusst das, was ihr als richtig, was ihr als christlich erkannt habt! Priester und Bischof sind nicht die Herren der Gemeinde, sondern eure Diener.“ Der Legende nach hat der Weckruf des Wachsamen Hähnchens die Stadt Essen einst vor dem Untergang bewahrt. Heute ist das Bistum Essen wohl das am radikalsten umgestaltete Bistum in Deutschland; aber auch in allen anderen Bistümern werden von den Bischöfen immer größere Pfarreien gebildet, so dass die Kirche immer mehr die Nähe zu den Menschen verliert.

Die ReferentInnen des Hauptpodiums – Prof. Dr. Norbert Mette (Pastoraltheologe), Margret Pernhorst (bis vor Kurzem Sprecherin des Diözesankomitees Münster), Edgar Utsch (Gemeinderatsvorsitzender in Gelsenkirchen) und Stefan Bölts (evangelisches Netzwerk Kirchenreform), – sprachen sich für eine theologische Konzeption von Gemeinde aus statt des oberflächlichen und kurzfristigen Reagierens auf die immer geringer werdende Zahl der zum Zölibat verpflichteten Priester.

Am Freitagabend gab die Kunsthistorikerin Dr. Christel Darmstadt von der Bürgeraktion „Rettet Bochumer Kirchen“ ein erschreckendes Bild von der Situation im Bistum Essen, in dem es bereits vor der Umstrukturierung die bundesweit geringste Zahl an Kirchen bezogen auf die Zahl der Gläubigen gab. Aus 272 Gemeinden mit insgesamt rd. 350 liturgisch genutzten Kirchengebäuden seien 43 Großpfarreien gemacht worden. In den letzten vier Jahren wurden 96 Kirchen - die nach Ansicht des Bistums Essen nicht mehr benötigt werden - profaniert, stillgelegt, verkauft oder umgewidmet. Sechs Kirchen davon wurden bereits abgerissen, nach Auskunft eines Bistumsvertreters sind derzeit 20 Abbrüche einkalkuliert. Die Schließung von Kirchen und die Zwangsfusionen zu neuen Pfarreien erfolgten trotz heftiger Proteste der Gemeindemitglieder. Die zahlreichen konstruktiven Rettungsvorschläge der Gemeindeangehörigen wurden nicht diskutiert, geschweige denn angenommen. Ob dieser Vorgänge ist die Zahl der GottesdienstbesucherInnen im Bistum Essen, die vor der „Strukturmaßnahme“ im bundesdeutschen Durchschnitt lag, lt. Angaben der Deutschen Bischofskonferenz 2008 auf 9,7 Prozent gefallen und liegt damit an der letzten Stelle aller Bistümer Deutschlands. (korrigierte Fassung dieses Absatzes)

Die Bundesversammlung begrüßte die Dialoginitiative, die der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, zum Abschluss der Herbstvollversammlung am 26. September 2010 in Fulda angekündigt hat. Die KirchenVolksBewegung erwartet aber vom Vorsitzenden der DBK und allen deutschen Diözesanbischöfen, dass dieser seit Langem überfällige Dialog ohne Denkverbote und ergebnisoffen gestaltet wird. Der Intention des Zweiten Vatikanischen Konzils gemäß muss das ganze „Volk Gottes“ einbezogen werden.

Die mit mehr als 100 Teilnehmenden sehr gut besuchte dreitägige Bundesversammlung ging am Sonntag mit der Gottesdienstfeier in der gastgebenden alt-katholischen Friedenskirche, in deren Gemeinderäumen die KirchenVolksBewegung zu Gast war, zu Ende. Die nächste Bundesversammlung zum Thema „Menschenrechte in der Kirche“ wird vom 25.-27. März 2011 in Fulda stattfinden.


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Zuletzt geändert am 29­.10.2010