Lehrmäßige Note zur Evangelisierung

Wir sind Kirche: Das alte System der Mission wird konsequent weitergeführt

Pressemitteilung München, 16. Dezember 2007

Zur „Lehrmäßigen Note über einige Aspekte der Evangelisierung“ der Kongregation für die Glaubenslehre vom 3.12.2007, veröffentlicht in Rom am 14.12.2007

Diese „Lehrmäßige Note über einige Aspekte der Evangelisierung“ der Kongregation für die Glaubenslehre verdient, ernst genommen zu werden, weil sie das alte System konsequent aber unkritisch weiterführt, getreu dem Motto: Der Papst redet freundlich von der Herrlichkeit und Schönheit der Kirche und ihres Glaubens, die nachgeordneten Behörden setzen diese Botschaften in rigide Verhaltensregeln um.
  • Wieder einmal wird in faktischer oder gespielter Naivität von Wahrheit, Mission und Evangelisierung geredet, so als ob die christliche Botschaft zunächst einmal über allen Kulturen und Menschen schwebte. Wie eh und je erscheint die Verkündigung der Wahrheit als eine Einbahnstraße, theoretisch von der Wahrheit an sich hin zu den Kulturen, praktisch handelt es sich um den alten Eurozentrismus, der von Benedikt XVI. ja auch offen propagiert wird.
  • Wieder einmal wird in gespielter Unschuld die Frage überspielt, warum denn die christliche Botschaft – in Vergangenheit und Gegenwart – so oft als Tor zur Intoleranz und als Instrument der Machtausübung wahrgenommen wurde und wird. Kein Wort über die Sünden und das Fehlverhalten der Kirche und darüber, was sie selbst ändern müsste. Diese Blindheit bezüglich Selbstaufklärung, Selbstdistanz und Selbstkritik lässt sich in nahezu jedem Abschnitt des Dokuments aufzeigen.
  • Wieder einmal wird die Gemeinschaft der Gläubigen nicht ernst genommen. Auch nicht in einer Zeile ist etwas von den Erfahrungen vor Ort zu spüren. Was sagen die Priester, Seelsorgerinnen, Christinnen und Christen, die in nicht-westlichen Ländern tagtäglich versuchen, christliche Wahrheit zu leben? Kein Wort über die Ursachen dafür, dass die alte Missionsidee schon seit sechzig Jahren in der Krise steckt. Kein Wort über die vielen fruchtbaren Überlegungen und Erfahrungen, die seitdem in Theorie und Praxis formuliert wurden und die auch in Rom bekannt sein müssten. So gesehen ist dieses Dokument ein Dokument der Verachtung gegenüber all denen, die vor Ort für die Wahrheit Zeugnis geben.
  • Wieder einmal wird der Generalvorwurf benediktischer Prägung gegen alle erhoben, die nicht fundamentalistisch die katholische Glaubenslehre ohne jedes Geschichtsbewusstsein und ohne jede Dialogfähigkeit durchboxen wollen. Dieser Generalvorwurf lautet Relativismus, Pluralismus, Agnostizismus, Individualismus. Diese undifferenzierte Redeweise ist blind für die wirklichen Fragen der Gegenwart und verachtet diejenigen, die sich den Fragen stellen und nach differenzierten Antworten suchen.
  • Und schließlich wird zum Schaden der innerchristlichen Ökumene der Vorrang der katholischen Kirche gegenüber den anderen christlichen Kirchen zumindest indirekt betont.
Dass dieses Schreiben der Glaubenskongregation ganz den Geist von Benedikt XVI. atmet, zeigt sich am Gesamtkonzept des Schreibens, an vielen Zitaten in Fußnoten und Text, sowie an manchen Details. So wird etwa behauptet: „Das Reich Gottes ist vor allem eine Person, die das Antlitz und den Namen Jesu von Nazaret hat, der Abbild des unsichtbaren Gottes ist“ (Seite 14). Die begründende Fußnote (Zitat von Johannes Paul II.) gibt die notwendige Begründung nicht her. Wir wissen aber, dass diese Aussage im Jesus-Buch von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. ausführlich entwickelt wird. Solche Privattheorien in offizielle Dokumente „einzuschmuggeln“ ist schon deshalb unangemessen, weil ansonsten kein Theologe von Rang in den Notenapparat lehramtlicher Dokumente Eingang findet.

> „Lehrmäßige Note“ im Wortlaut (PDF)

> Nicht-amtliche Zusammenfassung des Textes (Deutsche Bischofskonferenz)

> Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann

Zuletzt geändert am 17­.12.2007