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Veröffentlicht am 25­.05.2012

25.5.2012 - http://www.tagesschau.de

Vatikanbank-Chef fällt in Ungnade und tritt ab

Von Stefan Troendle, ARD-Hörfunkstudio Rom

Ettore Gotti-Tedeschi, der frühere Italien-Chef der spanischen Santander-Bank, sollte die Konten der Vatikanbank in Ordnung bringen und sie vom Ruch zwielichtiger Geschäfte befreien. Doch dann geriet der Experte für Finanzethik selbst in Verdacht, Geldwäsche zu betreiben, was der Vatikan zurückwies. Überraschend verlor er nun das Vertrauen des Bankvorstands - und sein Amt.

Auch wenn die Hintergründe noch nicht ganz klar sind: Entweder wird im Vatikan wieder einmal recht unheilig gemobbt oder es steht ein neuer Skandal ins Haus. Der Chef der Vatikanbank IOR, Ettore Gotti-Tedeschi, ist nämlich gestern Abend völlig überraschend zurückgetreten - beziehungsweise er wurde zurückgetreten.

Am Nachmittag hatte ihm der Aufsichtsrat des Instituts einstimmig das Misstrauen ausgesprochen. Das ist insofern überraschend, da Opus-Dei-Mann Gotti-Tedeschi, der früher oberster Santander-Banker in Italien war, als ehrlicher Fachmann gilt und erst vor drei Jahren als Aufräumer zum IOR geholt worden war.

Das dem Papst direkt unterstellte Institut für die religiösen Werke, das eigentlich Gelder kirchlicher Stiftungen verwalten soll, hat nämlich einen recht zwielichtigen Ruf. In den 80er-Jahren war es in Geldwäschegeschäfte mit der Mafia und die Milliarden-Pleite der Mailänder Ambrosiano-Bank verwickelt.

Ermittlungen wegen Geldwäsche

Auch gegen den nunmehr Ex-Chef Gotti-Tedeschi gab es Vorwürfe. Im Herbst 2010 beschlagnahmten die italienischen Behörden für ein dreiviertel Jahr 23 Millionen Euro, die über eine italienische Bank transferiert werden sollten. Es gehe um Geldwäsche, hieß es auch damals.

Ein peinliches Missverständnis, lautete die Antwort des Vatikans. Man habe vollstes Vertrauen zu Gotti-Tedeschi, der nebenbei als enger Vertrauter von Papst Benedikt XVI. und auch von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone gilt. Ettore Gotti-Tedeschi und Papst Benedikt XVI.

Auch wenn der Papst die Regeln für Finanzgeschäfte des Kirchenstaates per Dekret den EU-Richtlinien anpasste, berichteten Medien Anfang des Jahres erneut, das IOR unterlaufe internationale Abkommen zur Kontrolle von Geldwäsche. In einem Bericht des US-Außenministeriums tauchte der Vatikan anschließend auf einer Liste der Staaten auf, die wegen Verdachts auf Geldwäsche beobachtet werden.

Vatikan "traurig" über verschlechterte Führung der Bank

Die Gründe für den de-facto-Rauswurf haben möglicherweise mit diesen Vorwürfen zu tun. Offiziell hat der Vatikan nur bekannt gegeben, die Führung des Instituts sei besorgniserregend und habe sich weiter verschlechtert. Gotti-Tedeschi habe verschiedene wichtige Aufgaben seines Amtes nicht erledigt. Darüber sei man sehr traurig.

Gotti-Tedeschi selbst sagte zu dieser Bankrotterklärung lediglich, er wolle das nicht kommentieren, sonst müsse er hässliche Worte in den Mund nehmen.

Der Vatikan sucht nun einen Nachfolger, der "wirksame und umfangreiche Beziehungen zwischen dem IOR und der Finanzgemeinschaft" aufbauen soll. Unabhängig davon dürfte es wohl nicht lange dauern, bis die wahren Gründe für Gotti-Tedeschis Entlassung bekannt werden.

http://www.tagesschau.de/ausland/vatikanbank106.html

Zuletzt geändert am 25­.05.2012